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Auch Schramböck geht: Die ÖVP sucht zwei neue Ministerinnen

Am Montag erklärten Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck ihren Rücktritt: Die eine geht freiwillig, die andere eher nicht. Wer folgt nun Köstinger und Schramböck? In ihren Ministerien soll jedenfalls umgebaut werden.

Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger (die ersten zwei in diesem Bild) verlassen das Regierungsteam, im Bild mit ihren Kolleginnen Leonore Gewessler und Alma Zadic.
Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger (die ersten zwei in diesem Bild) verlassen das Regierungsteam, im Bild mit ihren Kolleginnen Leonore Gewessler und Alma Zadic.
Abgang nach mehr als einem Jahrzehnt Spitzenpolitik: Elisabeth Köstinger (43).
Abgang nach mehr als einem Jahrzehnt Spitzenpolitik: Elisabeth Köstinger (43).
Ein paar Stunden nach Köstinger gab auch Margarete Schramböck ihren Rücktritt bekannt.
Ein paar Stunden nach Köstinger gab auch Margarete Schramböck ihren Rücktritt bekannt.

Auf der Gerüchtebörse war ein bevorstehender Umbau des ÖVP-Regierungsteams bereits seit geraumer Zeit gehandelt worden. Und doch war die Überraschung am Montag groß. Denn es war nicht, wie erwartet, die seit Langem angeschlagene Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, die Montagvormittag in einer eilends einberufenen Pressekonferenz ihren Rücktritt erklärte, sondern die fachlich weitgehend unbestrittene Agrar- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Erst allmählich sickerte dann durch, dass Köstingers Abgang nicht der einzige Rücktritt bleiben werde. Und tatsächlich: Montagnachmittag gab auch Wirtschaftsministerin Schramböck ihren Rücktritt bekannt.

Im Gegensatz zu Köstinger hatte Schramböck, obwohl von Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz vor fünf Jahren in die Regierung geholt, nie zu dessen engstem Kreis gezählt. Köstinger ging in ihrer ohne jeglichen Anflug von Bitterkeit vorgetragenen, ja geradezu erleichtert wirkenden Abschiedsrede denn auch mehrmals auf Kurz ein. Ihr erster Dank galt ihm. Nach der Entscheidung von Sebastian Kurz, die Politik zu verlassen, sei auch für sie, Köstinger, klar gewesen, dass sie "dieses Kapitel schließen werde", sagte sie. Aber der Zeitpunkt sei noch nicht reif gewesen, da viele Projekte "noch nicht fertig gewesen" seien. Deshalb sei sie der Bitte von Kanzler Karl Nehammer nachgekommen, "noch für eine Übergangszeit zu bleiben".

Nicht wenige waren überrascht

Der Rücktritt am Montag schien dann aber doch für alle in der ÖVP überraschend gekommen und nicht Teil einer konzertierten Aktion gewesen zu sein. Dem Vernehmen nach sollen weder ÖVP-Chef Nehammer noch der Präsident des Bauernbunds, also jener ÖVP-Teilorganisation, die die politische Heimat Köstingers ist, Bescheid gewusst haben. Andererseits hat sie rechtzeitig vor dem Parteitag am Wochenende den Weg für neue Weichenstellungen frei gemacht.

Weniger freiwillig erfolgte der Rückzug Margarete Schramböcks, den sie Montagnachmittag per Videobotschaft ohne Angabe von Gründen bekannt gab. Sie galt seit geraumer Zeit als angeschlagen. Sie konnte das Thema Digitalisierung immer wieder nicht glaubwürdig vermitteln - man denke an den Flop mit dem "Kaufhaus Österreich" - und sie leistete sich schwere Schnitzer in ihrer Öffentlichkeitsarbeit.

Nachfolge ist noch nicht geklärt

Die Nachfolge der beiden Ministerinnen soll "in den kommenden Tagen" geklärt werden, hieß es aus dem Kanzleramt. Als sicher gilt, dass Karl Nehammer beim Parteitag in Graz, wo er sich formell zum ÖVP-Chef wählen lassen wird, sein neues Team präsentieren wird. PR-mäßig ist das Revirement für den Kanzler also ein Glücksfall.

Wie die SN erfuhren, wird der Kanzler den Rücktritt Köstingers auch dazu nutzen, deren Ressort, das ja nicht nur für die Landwirtschaft zuständig ist, sondern ein Sammelsurium an Kompetenzen umfasst, abzuspecken. Der Tourismus wird voraussichtlich zurück ins Wirtschaftsministerium wandern, ebenso der Breitbandausbau. Und der Zivildienst, der in der Kanzlerschaft Kurz' zum Erstaunen vieler dem Landwirtschaftsministerium zugeschlagen wurde, geht wohl zurück ans Innenministerium. Eine derartige Bereinigung der Geschäftseinteilung hätte jedenfalls inhaltlich eine große Logik.

Köstinger hat bereits Pläne

Köstinger wird bis zur Übergabe an ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger im Ministerium bleiben, dann sei Urlaub geplant und im Sommer werde sie in die Privatwirtschaft wechseln, heißt es in ihrem Büro. Wohin genau die berufliche Reise gehen wird, ist nicht bekannt.

Gerüchte, dass die aus dem niederösterreichischen Bauernbund kommende Verteidigungsministerin Klaudia Tanner nun als Ressortchefin ins Landwirtschaftsministerium wechseln könnte, wurden umgehend dementiert.

Fast wortidentisch versicherten Köstinger und Schramböck in ihren Rücktrittsreden, welch große Ehre es ihnen gewesen sei, für Österreich zu arbeiten. Beide listeten eine Reihe von Regierungsvorhaben auf, auf deren Umsetzung beziehungsweise Vorarbeiten zur Umsetzung sie besonders stolz seien. Beide dankten Sebastian Kurz, beide Karl Nehammer und allen Regierungskolleginnen und -kollegen - Köstinger auch jenen aus Zeiten von Türkis-Blau.

Laute Forderung nach Neuwahlen

SPÖ und FPÖ reagierten mit der Forderung nach Neuwahlen auf die Ministerinnenrücktritte. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried nannte die Regierung einen "Hort von Chaos, Instabilität, Planlosigkeit und schweren Fehlern". Ganz ähnlich FPÖ-Chef Herbert Kickl: Man habe es jetzt mit der 14. Regierungsumbildung seit dem Antritt von Schwarz-Grün zu tun, dem "Dauerumbau, diesen Chaostagen in der Regierung" müsse ein Ende gesetzt werden. Mit der Formulierung, Bundespräsident Alexander Van der Bellen müsse "für Stabilität sorgen", forderte er ihn zur Entlassung der Regierung auf.

Schramböcks Videoabschied zum Nachschauen

Köstingers Abschiedspressekonferenz zum Nachschauen