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Behindertenanwältin fordert Recht auf Schulassistenz

Behindertenanwältin Christine Steger verlangt einen einheitlichen Anspruch auf Schulassistenz in allen Bundesländern. Derzeit entscheide der Wohnort darüber, ob und in welchem Umfang ein Kind mit Behinderung Unterstützung bekommt. Weder gebe es in den neun Bundesländern eine einheitliche Definition, was unter Schulassistenz fällt, noch einen Rechtsanspruch, kritisierte Steger im APA-Gespräch. "Ein Kind mit Assistenzbedarf sollte in jedem Bundesland dieselben Rechte haben."

Behinderte Schulkinder bekommen nicht in jedem Land Unterstützung
Behinderte Schulkinder bekommen nicht in jedem Land Unterstützung

Einheitliche Strukturen gibt es derzeit nur für Jugendliche und ältere Kinder an den Bundesschulen (AHS, berufsbildende mittlere und höhere Schulen/BMHS). Bei einer Körper- oder Sehbehinderung wird eine Persönliche Assistenz angeboten, die abgesehen vom Lernstoff bei allen Tätigkeiten in der Schule - von der Handreichung bis zu Hilfe beim Raumwechsel, Essen und bei der Körperpflege - unterstützt; für schwerhörige und gehörlose Kinder und Jugendliche ist ein Dolmetsch vorgesehen. Insbesondere für Schüler im Autismusspektrum kann in der Schule oder Klasse eine Schulassistenz eingesetzt werden, die etwa bei räumlicher Orientierung oder beim Organisieren des Arbeitsplatzes hilft.

Von null Angebot bis zu Pädagogik plus Pflege

Extrem unterschiedlich ist laut Aufstellung der Behindertenanwaltschaft hingegen die Lage in den Pflichtschulen (v.a. Volks-, Mittel- und Sonderschulen), für die die Länder zuständig sind: In Wien gibt es vom Land nur Angebote für Kinder im Autismusspektrum, in Niederösterreich ist man bei Assistenzbedarf auf die Gemeinden angewiesen. In anderen Bundesländern gibt es grundsätzlich Schulassistenz, teilweise aber nur für ganz bestimmte Zielgruppen (etwa bei schweren sozial-emotionalen Defiziten) oder Tätigkeiten (nur pädagogische und keine pflegerische Assistenz). Anderswo ist das System wieder vergleichsweise gut aufgestellt, etwa im Burgenland, wo der Leistungskatalog laut Behindertenanwaltschaft noch "wesentlich weiter als im Bund" reicht und auch Pflege und medizinische Betreuung umfasst.

Einen Rechtsanspruch auf Schulassistenz gibt es ausschließlich in der Steiermark. Auch rechtlich verankert ist sie derzeit nur im Bund und wenigen Bundesländern wie Tirol und dem Burgenland. In den anderen erfolgt eine Abwicklung über die Sozialhilfe, Förderprogramme oder Projekte. In der Praxis führt das laut Behindertenanwaltschaft dazu, dass in manchen Regionen verlässlich in den Unterricht eingebundene Angebote zur Verfügung stehen und anderswo nur befristete oder stundenweise Lösungen. Gibt es keine öffentliche Struktur, müssen die Eltern überhaupt selbst Träger suchen, die ihre Kinder betreuen.

Unsicherheit für Familien und Schulen

Für die Familien bedeute das "Unsicherheit und permanente Abhängigkeit vom Wohlwollen lokaler Behörden", kritisierte Steger in einer Aussendung. Oft müssten sie monatelang auf Entscheidungen warten.

Weil in manchen Bundesländern Schulassistenzen nur auf Projektbasis eingestellt, schlecht bezahlt oder auch kurzfristig ausgetauscht werden, müssten außerdem die Schulen jedes Jahr aufs Neue darum kämpfen, die Unterstützung halbwegs abzusichern. Diese sind gemeinsam mit dem Land laut Behindertenanwaltschaft in allen Bundesländern außer der Steiermark und dem Burgenland für die Organisation zuständig. Zusätzliche Probleme gibt es durch Stundenreduktionen bei der Schulassistenz in einzelnen Bundesländern wie aktuell in der Steiermark, durch die in der Praxis Kinder die Schule seltener oder gar nicht mehr besuchen könnten.

Bei der Persönlichen Assistenz in Beruf und Freizeit gebe es bereits Harmonisierungsbestrebungen. Auch die Schulassistenz müsse Teil davon sein, forderte Steger weitere Verhandlungen von Bund und Ländern. Immerhin habe sich Österreich mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, in seinem Schulsystem jedem Kind gleiche Voraussetzungen zur Entwicklung bereitzustellen, damit "Kinder mit Behinderungen nicht nur anwesend sind, sondern wirklich dazugehören".

(Quelle: APA)