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Bundespräsidenten-Stichwahl wird am 4. Dezember wiederholt

Die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl wird wegen defekter Wahlkartenkuverts auf 4. Dezember verschoben. Dann können auch neue Jungwähler ihre Stimme abgeben. Darauf einigte sich Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit den Parteiklubobleuten. Kandidat Alexander Van der Bellen nannte die Verschiebung "sachlich richtig", auch Gegenkandidat Norbert Hofer (FPÖ) akzeptierte die Verschiebung.

Innenminister Sobotka (ÖVP) und die Klubobleute der Parlamentsparteien verständigten sich am Montag auf den neuen Terminplan für die Wahl. Zuvor verkündete der Innenminister, dass die Wahlbehörde wegen der defekten Wahlkarten eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl am 2. Oktober nicht gewährleisten könne. "Wir können nicht abschätzen, wie viele und welche dieser Wahlkarten sich noch öffnen könnten." Sobotka entschuldigte sich zugleich einmal mehr bei den Wählerinnen und Wählern.

Die Verschiebung, die etwa zwei Millionen Euro kosten könnte, soll vom Nationalrat am 21. September mit einem eigenen Bundesgesetz und einer Reihe von Sonderbestimmungen beschlossen werden, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz von 1971 geändert wird. Bereits am Dienstag wird der parlamentarische Prozess in Gang gesetzt, der entsprechende Initiativantrag wird dem Verfassungsausschuss zugewiesen. SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS unterstützen das Vorhaben. Die FPÖ fordert für ihre Zustimmung das Aus für die Briefwahl, das Team Stronach meldete verfassungsrechtliche Bedenken an.

Im Zuge des Sondergesetzes sollen auch die Wählerverzeichnisse für die Wahl am zweiten Adventsonntag erneuert werden, so dass bei der neuerlichen Stichwahl auch jene wahlberechtigt sind, die nach dem ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl - das war der 24. April - inzwischen das 16. Lebensjahr vollendet haben. Da diese Maßnahmen eine Korrektur des laufenden Wahlprozesses darstellt, soll die Gesetzesänderungen als Verfassungsbestimmung verankert werden. Die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit lässt sich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS problemlos erreichen.

Weiters sollen neue Wahlkuverts produziert werden. Laut Innenminister Sobotka will man auf ein "einfaches Wahlkuvert", wie es bis 2009 in Verwendung war, ausweichen. Die Staatsdruckerei soll mit der Herstellung beauftragt werden. Die Direktvergabe sei wegen "Gefahr im Verzug" rechtlich zulässig. Personelle Konsequenzen wegen der Pannenserie schloss Sobotka nicht aus. Der Innenminister kündigte eine "Evaluierung" an. Sobald diese vorliegt, werde man Schritte setzen. "Wir schließen weder etwas aus noch werden wir einen voreiligen Beschluss fassen."

In einer Aussendung am Montagnachmittag zeigte sich Sobotka zufrieden mit dem breiten Konsens hinsichtlich der Verschiebung der Wahl auf den 4. Dezember: "Ich bin erfreut, dass die Vorschläge des Innenministeriums zur Verschiebung der Bundespräsidentenwahl eine breite Mehrheit bei den Klubobleuten gefunden haben." Spätestens im Jänner dürfte die Angelobung des neuen Bundespräsidenten stattfinden.

Für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und den von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen, der bei der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl am 22. Mai mit 50,35 Prozent knapp die Nase vorne hatte, wird der Wahlkampf damit wohl insgesamt ein ganzes Jahr dauern. Von der FPÖ kam denn auch Kritik an der Entscheidung der Verschiebung. "Die Regierung ist nicht in der Lage, eine korrekte Wahl fristgerecht sicherzustellen, die Peinlichkeiten nehmen kein Ende", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Das nun geplante Gesetz müsse jedenfalls eine Reform der Briefwahl beinhalten, forderte Kickl.

"Ich nehme das einfach zu Kenntnis", sagte FPÖ-Kandidat Hofer zur APA. "Ich weiß, dass die Österreicher keine Freude damit haben werden. Ich versuche das Beste daraus zu machen". Den Wahlkampf wolle er wie geplant weiterführen. "Ich mache keine Pause", so Hofer. Der von den Grünen unterstützte Van der Bellen hält die Verschiebung "zwar für bedauerlich, aber für sachlich richtig". Der frühere Grünen-Chef versprühte bei einer Pressekonferenz Optimismus, der Wahlsieg "wird uns auch diesmal gelingen".

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wollte die Causa am Montag nicht weiter kommentieren. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nannte die Verschiebung eine gute Entscheidung. Es sei im Sinne der Demokratie, "dass wir so vorgehen, als wieder mit irgendwelchen Problemen ausgestattet neuerliche Diskussionen zu riskieren", sagte Mitterlehner, der auch von einer "Schuld des Klebers" sprach, in einer Video-Botschaft.

Eine "sehr ernste" Situation ortete SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Österreich mache sich "lächerlich", und viele Leute würden an der Demokratie zweifeln. Die Verschiebung sei der Versuch, "zerschlagenes Porzellan zu kitten", so Schieder. Grünen-Klubobfrau Eva Glawischnig bezeichnete die Änderung des Wählerregisters und die Öffnung für die inzwischen 16-Jährigen als "demokratiepolitisch unvermeidlich". NEOS-Klubchef Matthias Strolz forderte personelle Konsequenzen. "Das ist ein Managementversagen in größerem Stil." Dies dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim stellte wegen der Pannen in der Wahlbehörde gar einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Diskussion.

Die Parlamentsparteien setzten vor dem Hintergrund der Pannenserie bei der Bundespräsidentschaftswahl eine Reformgruppe zum Wahlrecht ein, die im Jänner ihre Arbeit aufnimmt. Das teilte Strolz, der die Initiative für sich beanspruchte, am Montag via Aussendung mit. Die Verschiebung der Bundespräsidenten-Wahl bringe generell Bewegung in das Wahlrecht, sagte er.

"Es gibt eine Fülle von Fragen, die uns auch bei anderen zukünftigen Wahlgängen beschäftigen werden - von der Frage der Wahlkarten bis zur Frage der Auszählung", so Strolz und weiter: "Wir dürfen hier keine Zeit verlieren. Gerade auch dann, wenn allerorts das Neuwahl-Gespenst umgeht." Geeinigt auf die Reformgruppe haben sich laut dem NEOS-Chef die Klubobleute aller sechs Parteien im Nationalrat.

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