Erneut lobte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Bevölkerung, alle seien extrem konsequent beim Tragen der Masken und beim Abstandhalten. "Aber es werden Teile der Bevölkerung müde, ist auch kein Wunder, aber wir müssen jetzt durchhalten." Er verglich die Maßnahmen gegen das Coronavirus mit einem Marathonlauf, dessen Ziel noch nicht erreicht sei. "Es ist eh schon gegessen, das ist es nicht, wir sind mitten drinnen, es kann jederzeit zu einem neuen Ausbruch kommen." Die Frage, ob der ganze "Corona-Wahnsinn" wirklich notwendig gewesen sei, auch von der Opposition, weist er zurück, die Zahlen seien nicht von allein hinuntergegangen, das sei schon den frühen Maßnahmen geschuldet, da hätten die Österreicherinnen und Österreicher mitgewirkt.
Derzeit wird seinen Angaben nach die Teststrategie erweitert, es werde gerade ein präziser Testplan für die nächsten Monate aufgestellt. 286.000 Tests wurden demnach bisher gemacht. "Wir sind auch international sehr gut dabei", betonte Anschober. Auf 100.000 Einwohner würden 3150 Tests kommen. Weiters sollen auch breit angelegte Screenings der Bevölkerung auf freiwilliger Basis durchgeführt werden.
Durchhalteparolen gab auch die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien aus. "Weltweit haben wir über 3,6 Millionen nachgewiesene Erkrankte, mit einer Viertelmillion Todesfällen." Die Ausbreitung sei noch nicht gestoppt. "Wir haben in Österreich nur das Glück, dass wir die erste Phase gut eindämmen konnten, weil die Maßnahmen gut gegriffen haben, dadurch konnte sich das Virus nicht so gut ausbreiten." Denn die Durchseuchung in der Population mit 0,15 Prozent Infizierten sei wirklich gering. Redlberger-Fritz spricht von einem "vorbildlichen Wert". Aber dann kommt der große Nachsatz der Virologin: "Wir haben das Virus, es bleibt da, davor muss man warnen. Wenn keine Maßnahmen mehr getroffen werden, wenn wir so leben wie vorher, dann nimmt diese Infektion wieder exponentiell zu." Deswegen müssten die Maßnahmen weiter bestehen bleiben, dann könne dieses niedrige Niveau an Corona-Infizierten aufrechterhalten werden. Sie nennt vorrangig den Mund-Nasen-Schutz und die Händehygiene. "Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir mögliche Cluster von Infizierten ganz aktiv suchen, da gibt es ein Netzwerk von 240 Ärzten über ganz Österreich verteilt."
Gesundheitsminister Anschober schloss eine verpflichtende Corona-Kontakte-App aus. Er spricht von einem freiwilligen Instrument, "ein digitales Kontaktpersonen-Management kann eine gute Ergänzung sein."
Auch wenn das Leben jetzt ein Stück "normaler" geworden ist, haben sich die Empfehlungen für ältere Menschen seitens der Regierungsspitze nicht geändert. "Vorsicht ist nach wie vor angebracht; Begegnung ja, aber den Sicherheitsabstand einhalten", sagte Gesundheitsminister Anschober, "weil wir wissen, dass ältere Menschen gefährdeter sind". Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ergänzte, man solle in der Familie gemeinsam nachdenken, wie man Treffen gut bewerkstelligen könne, viel im Freien treffen, Gegenstände desinfizieren, die man berührt habe, "und das Ganze mit Humor nehmen, dann geht's".
Zur Frage der Grenzkontrollen sagte Nehammer, diese sollten nur so lang wie notwendig aufrechterhalten werden. "Wir versuchen mit den Nachbarländern einen gemeinsamen Weg zu finden, immer schauend auf die Zahlen, dass man keine neue Infektionswelle ins Land hereinbekommt."