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Corona: Anschober warnt davor, bei den Maßnahmen "müde zu werden"

Am Dienstag gab Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erneut Durchhalteparolen aus. Er verglich die Maßnahmen mit einem Marathonlauf und erklärte, warum er die Frage nicht mehr hören könne, ob denn der ganze "Corona-Wahnsinn" wirklich notwendig gewesen sei. Eine klare Ansage machte er auch zur Rotkreuz-Kontakte-App.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober, flankiert von der Virologin Monika Redlberger-Fritz und Innenminister Karl Nehammer.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober, flankiert von der Virologin Monika Redlberger-Fritz und Innenminister Karl Nehammer.
Rudolf Anschober spricht.
Rudolf Anschober spricht.
Virologin Monika Redlberger-Fritz.
Virologin Monika Redlberger-Fritz.

Erneut lobte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Bevölkerung, alle seien extrem konsequent beim Tragen der Masken und beim Abstandhalten. "Aber es werden Teile der Bevölkerung müde, ist auch kein Wunder, aber wir müssen jetzt durchhalten." Er verglich die Maßnahmen gegen das Coronavirus mit einem Marathonlauf, dessen Ziel noch nicht erreicht sei. "Es ist eh schon gegessen, das ist es nicht, wir sind mitten drinnen, es kann jederzeit zu einem neuen Ausbruch kommen." Die Frage, ob der ganze "Corona-Wahnsinn" wirklich notwendig gewesen sei, auch von der Opposition, weist er zurück, die Zahlen seien nicht von allein hinuntergegangen, das sei schon den frühen Maßnahmen geschuldet, da hätten die Österreicherinnen und Österreicher mitgewirkt.

Derzeit wird seinen Angaben nach die Teststrategie erweitert, es werde gerade ein präziser Testplan für die nächsten Monate aufgestellt. 286.000 Tests wurden demnach bisher gemacht. "Wir sind auch international sehr gut dabei", betonte Anschober. Auf 100.000 Einwohner würden 3150 Tests kommen. Weiters sollen auch breit angelegte Screenings der Bevölkerung auf freiwilliger Basis durchgeführt werden.

Durchhalteparolen gab auch die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien aus. "Weltweit haben wir über 3,6 Millionen nachgewiesene Erkrankte, mit einer Viertelmillion Todesfällen." Die Ausbreitung sei noch nicht gestoppt. "Wir haben in Österreich nur das Glück, dass wir die erste Phase gut eindämmen konnten, weil die Maßnahmen gut gegriffen haben, dadurch konnte sich das Virus nicht so gut ausbreiten." Denn die Durchseuchung in der Population mit 0,15 Prozent Infizierten sei wirklich gering. Redlberger-Fritz spricht von einem "vorbildlichen Wert". Aber dann kommt der große Nachsatz der Virologin: "Wir haben das Virus, es bleibt da, davor muss man warnen. Wenn keine Maßnahmen mehr getroffen werden, wenn wir so leben wie vorher, dann nimmt diese Infektion wieder exponentiell zu." Deswegen müssten die Maßnahmen weiter bestehen bleiben, dann könne dieses niedrige Niveau an Corona-Infizierten aufrechterhalten werden. Sie nennt vorrangig den Mund-Nasen-Schutz und die Händehygiene. "Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir mögliche Cluster von Infizierten ganz aktiv suchen, da gibt es ein Netzwerk von 240 Ärzten über ganz Österreich verteilt."

Gesundheitsminister Anschober schloss eine verpflichtende Corona-Kontakte-App aus. Er spricht von einem freiwilligen Instrument, "ein digitales Kontaktpersonen-Management kann eine gute Ergänzung sein."

Auch wenn das Leben jetzt ein Stück "normaler" geworden ist, haben sich die Empfehlungen für ältere Menschen seitens der Regierungsspitze nicht geändert. "Vorsicht ist nach wie vor angebracht; Begegnung ja, aber den Sicherheitsabstand einhalten", sagte Gesundheitsminister Anschober, "weil wir wissen, dass ältere Menschen gefährdeter sind". Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ergänzte, man solle in der Familie gemeinsam nachdenken, wie man Treffen gut bewerkstelligen könne, viel im Freien treffen, Gegenstände desinfizieren, die man berührt habe, "und das Ganze mit Humor nehmen, dann geht's".

Zur Frage der Grenzkontrollen sagte Nehammer, diese sollten nur so lang wie notwendig aufrechterhalten werden. "Wir versuchen mit den Nachbarländern einen gemeinsamen Weg zu finden, immer schauend auf die Zahlen, dass man keine neue Infektionswelle ins Land hereinbekommt."

Die Pressekonferenz zum Nachschauen

KOMMENTARE (5)

Helmut F. Schreiner

Abgesehen von den langsam aber sicher nervenden Durchhalteparolen steht nach wie vor die - ob zu Recht oder nicht - von der Politik gesteuerte Angst-und Panikmache im Raum. Nur wer glaubt, das sei ein österreichisches Spezifikum, werfe mal einen Blick über die Grenze nach Deutschland. Dort trat gestern in der TV-Diskussion des Herrn Lanz ein SPD-Politiker namens Lauterbach auf und erklärte, das Öffnen der Gastronomie werde zu einem Anstieg der Infektionen mit dem COVID-19 Virus führen, da dieses sich über sog. Aerosolpartikel verbreite, die von Menschen ausgeatmet bis zu 7 Stunden in der Luft schweben und alle in einem Raum befindlichen Personen anstecken können! Da werden einerseits Mediziner, welche die Risiken des Virus in Zweifel ziehen, als Verschwörungstheoretiker abqualifiziert und dann darf sich so einer ins öffentlich-rechtliche Fernsehen setzen und etwas derartiges behaupten, obwohl sogar das ständig zitierte Robert Koch Institut davon ausgeht, dass eine Infektion auf dem Wege von Aerosolpartikeln in der Luft als eher unwahrscheinlich anzusehen ist und bisher auch nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte! Als Krönung seiner Theorien setzte dieser SPD-Politiker noch obendrauf, dass die Pandemie zwei Jahre oder sogar länger dauern werde. Ich bin gespannt, ob sich irgendwer findet, der den Äußerungen des Herrn Lauterbach etwas entgegen setzt, denn wenn das unwidersprochen im Raum stehen bleibt, dann sieht es für die Gastronomie in Deutschland und anderswo wirklich finster aus.
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Helmut F. Schreiner

Lieber Herr Fuchs, vielen Dank für Ihre Reaktion auf meinen Beitrag. Vom Evangelium aus Wien halte ich auch nicht viel, denn dort sind ja auch eher die Ängstlichen („Jeder wird bald einem Corona-Toten kennen“ u.ä.) beheimatet. Und gegen kontroverse Meinungen ist nichts einzuwenden, nur dann bitte sozusagen gleiches Recht für alle. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass beispielsweise ein Prof. Bhakdi im deutschen oder österr. Fernsehen (ORF, ARD, ZDF usw.) eine Chance hätte, zu Wort zu kommen. Servus TV ist da eine Ausnahme, aber „Der Wegscheider“ scheidet ja bekanntlich die Geister. Mit den besten Grüßen aus Wien nach Salzburg!

Kurt Fuchs

Hier, wenn Sie noch etwas über Karl Lauterbach lesen wollen: https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Lauterbach_(Politiker,_1963) Dass Herr Lauterbach teilweise so heftig da reagiert hat sicherlich auch mit einer schweren Krankheit zu tun, die er überstand.

Kurt Fuchs

Lieber Herr Schreiner, Karl Lauterbach ist der "Gesundheitssprecher" der SPD. Und in Deutschland ist er für seine kontroversen Meinungen bekannt - teilweise verpönt und von andere Seite geehrt. Unser Nachbarland hat halt wie in Vielem eine viel ausgeprägtere Streitkultur; das drückt sich auch in den Medien immer wieder aus. Auf der einen Seite werden die Deutschen dafür verschrien, dass Sie ewig brauchen, bis ein Konsens zustand kommt, andererseits ist das aber auch ein Plus. Nur auf das Evangelium aus Wien zu hören - das gibt es eigentlich im Nachbarland nicht (zum Glück, die haben was aus der Geschichte gelernt, scheint mir)

Kurt Fuchs

Lieber Herr Anschober, es ist ja alles recht und gut. Aber allmählich kann ich den Satz "Wir müssen weiter durchhalten" nicht mehr hören. Die Infektionsraten gehen weiter zurück, es gibt fast keine neuen Ansteckungen, und wir müssen weiter durchhalten. Da fragt man sich halt schon, wie lange sollen wir alle durchhalten; denn das Virus wird es in der Welt immer geben. Sind Sie mir nicht böse, aber da denke ich, das wäre für Stermann und Grissemann schon eine gute Steilvorlage: Österreich! Wir schreiben das Jahr 2099. Vom Wiener Zentralfriedhof vernehmen die Österreicher immer noch den Ruf: "Wir müssen durchhalten." Und werter Herr Innenminister. Grenzkontrollen bleiben für die Exekutive "nur" so lange notwendig, solange man darauf sein eigenen Süppchen kochen kann und mit dem Nachbarn gut Hühnchen rupfen darf.
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