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Coronavirus - Regelung der Risikogruppen wirft viele Fragen auf

Die Regelung mit den Risikogruppen ist heikel, wird viele enttäuschen und wirft neue Fragen auf.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Das besagt ein Sprichwort. Es ist recht treffend für die offenbar voreilig gefallene Ankündigung der Regierung, dass Erwerbstätige, die einer Coronarisikogruppe angehören, Anspruch auf Homeoffice bekommen werden oder auf Freistellung, falls Heimarbeit in ihrem Beruf nicht möglich ist - die Lohnkosten übernimmt in diesen Fällen die öffentliche Hand. Seither sind bald drei Wochen vergangen.

Die behördliche Definition der Risikobeurteilung für eine Covid-19-Erkrankung ist zwar unterdessen gefunden und die Legisten feilen an den entsprechenden Vorgaben. Offiziell mitgeteilt wird die Regelung aber erst "Anfang kommender Woche". Danach sollen all jene schriftlich informiert werden, deren gesundheitliche Situation befürchten lässt, dass im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs besteht. Die entsprechenden Daten liefern die Heilmittelverordnungen, die Rückschlüsse auf die Diagnose oder die Diagnosen ermöglichen (ein Vorgehen, das wohl auch noch einer datenschutzrechtlichen Klärung bedarf).

Wie man hört, soll der Kreis der Arbeitnehmer nicht besonders groß sein. Die Rede ist von rund 100.000 Personen, die schwere, das Immunsystem herabsetzende Medikamente nehmen müssen (Immunsuppressiva, Chemo etc.) oder bei denen mehrere Vorerkrankungen zusammenkommen. Diabetes oder Bluthochdruck allein werden nicht reichen, da bei guter Einstellung das Risiko sinkt. Das wird die einen Patienten vielleicht beruhigen. Andere, die erwartet hatten, zur Covid-Risikogruppe zu zählen, werden sich übergangen fühlen.

Viele Fragen sind überhaupt noch offen: Was ist mit den Eltern von Kindern, die etwa aufgrund von Autoimmunerkrankungen, Organtransplantationen, schwersten Asthma oder Krebs und entsprechend heftiger Medikamentation besonders gefährdet sind? Haben sie Anspruch auf Homeoffice oder bezahlte Freistellung, um das Virus nicht nach Hause zu ihren kranken Kindern zu bringen? Warum soll eine Risikobeurteilung für jene, die in der "kritischen Infrastruktur" arbeiten, keine Sonderbehandlung zur Folge haben? Warum sind Selbstständige, unter denen auch Betroffene sein können, ausgeschlossen, man denke nur an die Ein-Personen-Unternehmen?

Und wer haftet? Der Bund? Oder schiebt er die Haftung der Selbstverwaltung zu, also den Sozialversicherungsträgern? Wenn ja, wem? Dem Dachverband? Nur der Gesundheitskasse? Juristisch wird die Sache so oder so heikel, überhaupt dann, wenn tatsächlich eine Altersuntergrenze eingezogen wird, um unter die Sonderregelung zu fallen. Man kann nur hoffen, dass von dieser Idee Abstand genommen wird.

Eine Erleichterung wird die Regelung den Ärzten bringen, die quasi aus der Haftung sind: Sie werden ihre Atteste nach den neuen gesetzlichen Kriterien ausstellen und können auch explizit darauf verweisen. Das sollte den Druck auf Gefälligkeitsgutachten senken.

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