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Justizministerium verbraucht Rücklagen für laufenden Betrieb

Der auf dem Justizministerium lastende Spardruck führt dazu, dass für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs Rücklagen entnommen werden müssen. Das geht aus einer der APA vorliegenden Anfragebeantwortung von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) an die NEOS hervor. Mit den budgetierten Mitteln sei trotz eines restriktiven Budgetvollzugs nicht das Auslangen gefunden worden.

Finanzielle Schatten über dem Justizministerium
Finanzielle Schatten über dem Justizministerium

Die Mittel - inklusive einer "budgetierten Rücklage" von 34,7 Mio. Euro - seien im Vorjahr "in erster Linie nicht für einzelne Maßnahmen oder Projekte, sondern vielmehr für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs, insbesondere für Kosten der unabhängigen Rechtsprechung" verwendet worden, heißt es. Beim Oberlandesgericht Wien waren dies knapp 20 Mio. Euro, beim OLG Linz 10,2 Mio. Euro, beim OLG Graz (inklusive 4 Mio. vom OLG Innsbruck) 7,8 Mio. Euro. Die Justizanstalten mussten ihre gesamten Rücklagen von 11,6 Mio. Euro herausrücken, die Bewährungshilfe 0,3 Mio. Euro.

Zadic betont in der Beantwortung, dass der Großteil der Ausgaben per Gesetz festgelegt ist bzw. durch die Rechtsprechung verursacht wird und damit keiner Steuerungsmöglichkeit durch die Justizverwaltung unterliegt. Bereits 2018 habe man die vorgesehenen Ausgabenobergrenzen nur durch diverse Einsparungen schaffen können, etwa bei Bauvorhaben, Mieten, der Familiengerichtshilfe, der Fortbildung, bei Verwaltungspraktikanten, Lehrlingen und Rechtspraktikanten. Fazit: "Aufgrund der bestehenden Unterbudgetierung des Ressorts betrug der Mehrbedarf der UG 13 Justiz und Reformen im Jahr 2018 letztlich 66,8 Mio. Euro."

Der Rücklagenstand des Ministeriums (inklusive einer Zuführung von 14,1 Mio. Euro Ende Jänner 2020) liegt für 2019 bei 106,8 Mio. Euro. Im Jahr 2013 waren es noch 246,7 Mio. Euro. In der Anfrage der NEOS war es vor allem um die Finanzierung der Rechtspraktikanten gegangen. Gegenüber 2018 ortet Zadic' Ressort hier für heuer einen Mehrbedarf von 3,1 Mio. Euro.

Die NEOS fordern in der aktuellen Debatte, das Justiz-Budget um 300 Mio. Euro zu erhöhen. Das werde notwendig sein, will man nicht nur den laufenden Betrieb sicherstellen, sondern mehr Stellen in der Justiz, erklärte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Mittwoch. Zudem erneuerten die Pinken u.a. ihre Forderungen nach einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt oder einer Lockerung der Berichtspflichten. Vor allem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sollte davon befreit werden.

Mit einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt könne jeglichem Anschein von politischer Einflussnahme vorgebeugt werden, argumentierte NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter. Die Forderung nach einem weisungsfreien, unabhängigen Staatsanwalt sei im Übrigen nicht neu, wurde sie doch bereits 2003 im Österreich-Konvent erhoben.

Die entsprechenden Anträge wollen die NEOS in der kommenden Plenarsitzung einbringen. Meinl-Reisinger sieht darin einen "Lackmustest für die ÖVP". Schließlich habe es ja von allen Seiten ein Bekenntnis zur Unabhängigkeit der Justiz gegeben. Insofern hätten die Angriffe von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf die Justiz "etwas Gutes" gehabt.

Angesichts der finanziellen Lage der Justiz sprach Margreiter von einem "absolut unwürdigen Schauspiel" und kritisierte gegenüber der APA den türkisen Regierungspartner der grünen Ministerin: "Seit Jahren schaut die Volkspartei, die seit 2007 den Finanzminister und bis vor ein paar Wochen auch den Justizminister stellte, tatenlos dabei zu, wie die Justiz langsam, aber stetig in die Zahlungsunfähigkeit rutscht."

Auch Richter-Präsidentin Sabine Matejka forderte nach der "Aussprache" am Montag, dass "diesen schönen Worten auch Taten folgen". In der Justiz sei die Erwartungshaltung sehr groß, "unter der Oberfläche brodelt es", sagte Matejka zur APA. Und betonte: Es gehe nicht nur um die Staatsanwälte und die Strafjustiz. "Normale Bürger" und die Wirtschaft würden den Spardruck vor allem im Zivilrechtsbereich spüren.

Die von Ex-Minister Clemens Jabloner in seinem Wahrnehmungsbericht genannten 90 Mio. Euro mehr für das heurige Justizbudget sind, so Matejka, "das absolute Minimum, damit die Justiz überhaupt arbeiten kann". Aber für die im Regierungsprogramm enthaltenen Reformen bräuchte man zusätzliche Mittel. Bei den Posten sei ausreichend Kanzleipersonal in allen Bereichen besonders wichtig, die Richter fordern darüber hinaus auch die Aufnahme der 40 "Überhangsposten" in den Stellenplan.