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Keine Sicherungshaft ohne Richter

Die Regierung einigt sich auf die Sicherungshaft. Opposition und Experten sehen erhebliche Schwachpunkte.

ÖVP und FPÖ hoffen auf Zustimmung der Opposition (Symbolbild)
ÖVP und FPÖ hoffen auf Zustimmung der Opposition (Symbolbild)
ÖVP und FPÖ hoffen auf Zustimmung der Opposition
ÖVP und FPÖ hoffen auf Zustimmung der Opposition

Die FPÖ, personifiziert durch Innenminister Herbert Kickl, setzte sich mit ihrem Wunsch nach einer Sicherungshaft für als gefährlich eingestufte Asylbewerber durch. Die ÖVP, personifiziert durch Justizminister Josef Moser, setzte sich mit ihrer Forderung durch, dass eine solche Haft nur unter strenger richterlicher Kontrolle durchgeführt werden dürfe. Der Koalitionsfriede ist gesichert, die Punktation der Regierung zur Sicherungshaft liegt seit Mittwoch vor, die parlamentarische Behandlung soll noch in der ersten Jahreshälfte stattfinden.

Doch es gibt einen Pferdefuß: Die Sicherungshaft kann nur über eine Änderung der Bundesverfassung eingeführt werden. Dazu ist die Zustimmung mindestens einer Oppositionspartei erforderlich. Doch diese zeichnet sich nicht ab. Einer der Kritikpunkte lautet: Die Regierung nehme die Bluttat von Dornbirn (ein einschlägig vorbestrafter, mit Aufenthaltsverbot belegter Asylbewerber erstach einen Beamten) als Anlass für eine neue Form der präventiven Inhaftierung. Doch diese Bluttat sei noch gar nicht restlos geklärt. Oder, wie es SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda formuliert: "Die Regierung will ein Anlassgesetz machen, ohne den Anlass vorher aufzuklären."

Ähnlich sieht es Adel-Naim Reyhani, Asylrechtsexperte am Boltzmann-Institut für Menschenrechte: "Eine wesentliche Lücke in der Debatte ist, dass sich noch nicht beurteilen lässt, ob es beim Dornbirn-Fall möglich gewesen wäre, Schubhaft nach geltender Rechtslage anzuwenden."

Und auch aus Vorarlberg selbst ertönt Kritik: Im Fall Dornbirn habe die Koordinationsstelle im Innenministerium entgegen den Warnungen und trotz der Ablehnung durch die lokalen Behörden darauf bestanden, den betreffenden Asylbewerber in Vorarlberg unterzubringen, berichtet der grüne Landesrat Johannes Rauch. Die lokalen Behörden hätten den Betreffenden gekannt und daher gewusst, dass es besser gewesen wäre, seine Grundversorgung in einem anderen Bundesland durchzuführen. "Doch die verantwortlichen Bundesstellen schlugen diese Warnungen in den Wind", sagt Rauch. Daher: "Es braucht keine Sicherungshaft, das Recht bietet alle erforderlichen Möglichkeiten von U-Haft, von Schubhaft über die Unterbringung bis zur Grundversorgung unter Auflagen."

Die Regierung schlägt diese Einwände in den Wind: Es bestehe "dringender Handlungsbedarf", die am Fall Dornbirn sichtbar gewordene "Sicherheitslücke" zu schließen. Und zwar durch eine Sicherungshaft nach diesem Modell:

Die Haft kann verhängt werden, wenn "eine tatsächliche gegenwärtige und hinreichend erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder für den Schutz der nationalen Sicherheit" besteht. Der Einzelfall muss "umfassend" geprüft werden. Die Verhängung darf nur für den "kürzesterforderlichen Zeitraum" erfolgen. Die Festnahme erfolgt auf Anordnung des Bundesamts für Asyl, eine Prüfung durch einen Richter des Bundesverwaltungsgerichts muss innerhalb von 48 Stunden stattfinden. Eine weitere Überprüfung erfolgt nach zwei Wochen, danach jeden Monat. Maximalfrist der Haft: sechs Monate, "längere Dauer nur bei besonderen Gründen", heißt es in der Punktation. Welche "besonderen Gründe" das sein könnten, bleibt offen.

Um die Sicherungshaft wasserdicht zu machen, soll das Verfassungsgesetz über die persönliche Freiheit geändert werden. Die Sicherungshaft selbst soll dann bloß einfachgesetzlich (dafür reicht die Regierungsmehrheit) eingeführt werden. Erich Holzinger, Anwalt und Europarechtsexperte, schlägt Alarm: Denke man diese Vorgangsweise zu Ende, "könnten morgen im Extremfall unbequeme Reporter und Intellektuelle per ,einfachgesetzlicher Regelung' eingesperrt werden, weil dies angeblich dem ,Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung' entspricht", warnt er. Jedenfalls müsse man sich ansehen, inwieweit die Grundrechte und von den EU-Höchstgerichten ausgearbeitete umfangreiche Garantien für einen beabsichtigten Freiheitsentzug nur in ganz eng begrenztem Rahmen eingehalten werden.

Haft auf Verdacht: Geht das?

KOMMENTARE (1)

Peter Lüdin

Auch die üppigen Sozialhilfegelder sind den Scheinasylanten endlich zu streichen und das dadurch eingesparte Geld ist bedürftigen Einheimischen zukommen zu lassen.
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