Bundespräsident Heinz Fischer hat Mittwochmittag die vier neuen Regierungsmitglieder im SPÖ-Team angelobt. Die Angelobung von Jörg Leichtfried (Infrastruktur), Sonja Hammerschmid (Bildung), Thomas Drozda (Kanzleramt/Kultur) und Muna Duzdar (Staatssekretariat) fand im Beisein von Bundeskanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner statt.
Kurz vor 12 Uhr trafen zunächst Mitterlehner und etwas später Kern mit seinen neuen Team-Mitgliedern ein. Fischer erklärte, Kern habe in kürzester Zeit Vorschläge für die Änderung in der Zusammensetzung der Bundesregierung vorgelegt. Sie alle erfüllen die Voraussetzungen für die verantwortungsvollen Aufgaben. Fischer wünschte ihnen im Maria-Theresien-Zimmer "alles Gute", nachdem er die Vorgänger ihres Amtes enthoben hatte.
Leichtfried wurde als erstes als neuer Infrastrukturminister angelobt. Die Gelöbnisformel wurde mit Handschlag bekräftigt. Hammerschmid ist die neue Bildungsministerin und wurde auch zunächst für das Frauen-Ressort angelobt, das später an Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser übergehen wird. Drozda wurde als Minister heute zunächst ohne Portefeuille angelobt, er soll später im Kanzleramt u.a. für Kultur zuständig sein. Ihre endgültigen Agenden bekommen beide erst nach Änderung des Ministeriengesetzes. Duzdar wurde als neue Staatssekretärin im Kanzleramt angelobt.
Im Anschluss an die Angelobung lud Fischer die neuen Regierungsmitglieder, sowie die Familien, die sie begleiteten, zu einem Umtrunk hinter die Tapetentür. Zuvor tagte die Regierung noch ein letztes Mal in ihrer alten Zusammensetzung - und die bleibenden Minister beider Parteien versprühten dabei demonstrative Zuversicht. Bei den scheidenden Regierungsmitgliedern herrschte sichtlich Wehmut.
Am Donnerstag präsentiert sich das neue SPÖ-Team mit Kern an der Spitze im Nationalrat. Kern wurde schon Dienstag am späten Nachmittag angelobt. Danach hatte Fischer mit den neuen Regierungsmitgliedern ein kurzes Informationsgespräch geführt.
Rektorin übernimmt die Schule
Auf manche Karrieresprünge muss man lang warten. Und manchmal geht es Schlag auf Schlag. Sonja Hammerschmid, erst seit viereinhalb Monaten erste Frau an der Spitze der Universitätenkonferenz, wechselt in die Politik: Als Unterrichtsministerin wird sich die 47-jährige gebürtige Oberösterreicherin um die Bildung an den Schulen kümmern.
Dienstagvormittag teilte die Vetmed-Rektorin ihre Entscheidung den Studenten und Uni-Kollegen in einem E-Mail mit: "Mit Wehmut muss ich Sie hiermit in Kenntnis setzen, dass ich mit heutigem Tag mein Amt als Rektorin der Vetmeduni Vienna zurücklegen werde." Zu ihren Beweggründen, das Amt zu übernehmen, schreibt sie: "Österreich steht an einem Wendepunkt und ich hoffe, dass ich ein wenig dazu beitragen kann, dass unser Land ein weltoffenes, lebenswertes Land bleibt/wird, in dem Bildung geschätzt und als die Chance für Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Frieden gesehen wird."
Neugierig, leistungswillig, gestaltungsfreudig, umgänglich: So wird die studierte Molekularbiologin und talentierte Managerin beschrieben. In die Wiege gelegt war ihr die große Karriere nicht. Aufgewachsen in einer kleinen Mühlviertler Gemeinde, der Vater Kfz-Mechanikermeister, die Mutter Mitarbeiterin in einem Sanitärbetrieb. Beide sehr interessiert an der Bildung ihrer Kinder. Hammerschmid Ende März in der "Presse": "Bildung war für sie ein krisensicheres Startkapital ins Leben."
Die künftige Unterrichtsministerin studierte in Wien. Parallel zum Studium arbeitete sie wissenschaftlich für ein Pharmaunternehmen. Nach dem Doktorat forschte sie als Postdoc an der Uni Wien, wurde Produktmanagerin bei einem Laborausstatter und 1999 Leiterin eines Biotech-Programms bei der Innovationsagentur, die später im Austria Wirtschaftsservice aufging. Dort war sie u. a. für die strategische Entwicklung, die Umsetzung von Förderprogrammen und die kommerzielle Verwertung von Uni-Erfindungen zuständig. 2010 wurde sie Rektorin der Veterinärmedizinischen Uni Wien, 2014 für weitere vier Jahre bestätigt. Vergangenen Dezember folgte ihre Kür zur Präsidentin der Universitätenkonferenz. Parteimitglied ist sie keines, dafür gilt sie als in Wissenschaft und Wirtschaft bestens vernetzt.
Einwandererkind aus Wien wird Staatssekretärin
Die Wiener Gemeinderätin Muna Duzdar wird als neue Staatssekretärin in der SPÖ-Regierungsmannschaft den Gegenpol zu Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil bilden: Die 37-Jährige ist dem linken Parteiflügel zuzurechnen. Sie macht kein Hehl daraus, dass sie der "180-Grad-Schwenk" in der Asylpolitik verärgert, und war zuletzt eine der schärfsten Kritikerinnen von Bundeskanzler Werner Faymann. Vor allem bei Faymanns Inseratenpolitik in den "gekauften" Zeitungen "Österreich" und "Kronen Zeitung" werde ihr "übel", hatte sie auf ihrer Facebook-Seite geschrieben.
Duzdar soll für die SPÖ nicht nur als junge Frau Signalwirkung haben, sondern auch, weil sie das erste Regierungsmitglied mit Migrationshintergrund ist. Ihre Eltern sind Palästinenser, sie selbst wurde 1978 schon in Wien geboren, wo sie Jus studierte und Rechtsanwältin ist. Duzdar wuchs zweisprachig (Arabisch und Deutsch) auf, sie ist Muslima, aber laut eigenen Angaben nicht religiös.
Schon während der Uni-Zeit war sie - wie einst Faymann - bei der Mietervereinigung und der SJ sowie als Bezirksrätin in der Donaustadt aktiv. Vorigen Herbst war sie eines der Gesichter der "Willkommenskultur", half auf Bahnhöfen und organisierte Dolmetscher.
Die Infrastruktur ist schon lang sein Schwerpunkt
Der Wechsel von Landesrat Jörg Leichtfried in die Bundesregierung wird von manchen steirischen Genossen mit einem lächelnden und einem weinenden Auge gesehen. Trauten doch viele dem 48-Jährigen zu, es bei der Landtagswahl 2020 als SPÖ-Spitzenkandidat zu versuchen. Dem Politprofi, der nun Infrastrukturminister wird, wurden - hinter vorgehaltener Hand - größere Chancen, sich gegen ÖVP und FPÖ zu behaupten, eingeräumt als Parteichef und Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer.
Jörg Leichtfried kennt die Politik in vielen Facetten, der studierte Jurist begann einst seine Karriere im Bürgerservice seiner Heimatstadt Bruck an der Mur. 2004 übersiedelte er ins Europaparlament, zehn Jahre später wurde er dort Delegationsleiter der SPÖ. Der Verkehr war schon in Brüssel sein Schwerpunktthema. Sein umfangreiches Wissen und die europäische Vernetzung machen ihn zum idealen Minister.
Nach der 2015er-Wahl und dem Umbruch der steirischen SPÖ kehrte Leichtfried im selben Jahr in seine Heimat zurück und wurde Landesrat für Infrastruktur. Er ist kein Mann der großen und starken Worte, er gilt aber als besonnener Sachpolitiker mit Handschlagqualität.
Kulturmanager löst Minister Ostermayer ab
Der 50-jährige Kulturmanager Thomas Drozda wird neuer Kultur- und Kanzleramtsminister. Drozda war zuletzt Chef der Vereinigten Bühnen Wien und saß für die SPÖ im ORF-Stiftungsrat. Seine Karriere begann Drozda als Sekretär der SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky und Viktor Klima. Er kennt also die politischen Abläufe. Selbst in die Politik wollte er nie. In einem Interview sagte er im Vorjahr über die Politik: "Höchste Exponiertheit bei einem Sozialprestige gegen null, das würde ich weder wollen noch aushalten." Jetzt wird er es doch aushalten müssen.