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Zentralmatura: Was die Maturanten können mussten

Mit dem Fach Deutsch hat am Montag an 58 Gymnasien die Generalprobe für die ab dem Schuljahr 2015 verpflichtende schriftliche Zentralmatura an den AHS begonnen. Die SN waren in Seekirchen vor Ort.

Heuer steht die Zentralmatura-Generalprobe und nicht schon der Ernstfall am Programm. Nach Protesten von Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern wegen angeblich mangelhafter Vorbereitung hatte die damalige Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) den eigentlich für 2014 geplanten verpflichtenden Starttermin an den AHS um ein Jahr auf 2015 (und jenen an den BHS um ein Jahr auf 2016) verschoben. Bis zum 14. Mai werden an 92 Prozent der Gymnasien in zumindest einem Maturafach die zentralen Bifie-Fragen verwendet, am häufigsten in Englisch. Die komplette neue Matura hingegen findet versuchsweise an nur zwei AHS statt. Die aktuellen MaturafragenWas mussten Österreichs Maturanten am Montag nun können? Drei Themenpakete mit je zwei Aufgaben standen zur Auswahl. Eines musste ausgewählt werden: Zum Thema "Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft" musste eine Textinterpretation und eine Erörterung geschrieben werden, zum Thema "Neue Medien" eine Empfehlung und ein Kommentar, zum Thema "Rückkehr zu traditionellen Werten?" ein Leserbrief und eine Meinungsrede. Zeitungsberichte und eine Kurzgeschichte waren die Ausgangspunkte.

Am verbreitetsten ist die Schulversuchs-Zentralmatura im Fach Englisch: Sie wird bereits an 318 (von insgesamt 344) AHS erprobt, in Französisch sind 172 Standorte dabei, in Latein 55 und in Mathematik 28. Die komplette neue Matura (inklusive neuer mündlicher Matura und vorwissenschaftlicher Arbeit) wird dagegen versuchsweise an nur zwei AHS - Stiftsgymnasium St. Paul/Lavanttal (Kärnten) und Liese Prokop Privatschule für Hochleistungssportler Maria Enzersdorf (NÖ) - absolviert. Auch an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) finden zeitgleich Schulversuche statt - die Zentralmatura wird dort aber erst 2016 verpflichtend. Lokalaugenschein in Seekirchen Am BG Seekirchen ging die Zentralmatura in Deutsch am Montag reibungslos über die Bühne. Gudrun Schierl, Deutschlehrerin am BG Seekirchen, begrüßt die Zentralmatura: "Der Vorteil ist, dass die Schülerinnen und Schüler sehr zeitgemäße Textsorten schreiben, wie zum Beispiel Leserbriefe oder Kommentare. Textsorten, die sie auch im späteren Leben sehr gut verwenden können." Maturantin Hanna Kral hat nach der geschriebenen Matura ein gutes Gefühl, sie war gut vorbereitet. Ähnlich sieht es Lena Wechselberger. Die Themen, die die Maturanten für ihre Texte auswählen konnten, waren breit gefächert, von Ökologie bis zu sozialen Netzwerken: "Es war für jeden etwas dabei." (Siehe Video)

"Es gibt seit langer Zeit gutes Material"Insgesamt sind die AHS-Direktorensprecher mit den Vorbereitungen zufrieden. "Ordentlich und bemüht", nennt AHS-Direktoren-Sprecher Wilhelm Zillner die Vorbereitung des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) auf die schriftliche Zentralmatura, die auch an seiner Schule (BRG/ORG Kirchdorf an der Krems) in allen Fächern als Schulversuch durchgeführt wird. "Wir sehen dem Ganzen mit großer Gelassenheit entgegen", so Zillner am Montag.

Bei der Premiere der aktuellen Schulversuchsrunde seien alle Unterlagen dagewesen, die Hilfe-Seite des Bifie funktioniere und auch im Vorfeld seien den Lehrern ausreichend Lehrunterlagen zur neuen schriftlichen Matura zur Verfügung gestellt worden. "Hier gibt es schon seit langer Zeit gutes Material", weist er sogar die Kritik zum Fach Mathematik zurück, wegen der der verpflichtende Start der einheitlichen schriftlichen Reifeprüfung um ein Jahr auf 2014/15 (AHS) bzw. 2015/16 (berufsbildende höhere Schulen/BHS) verschoben wurde.

Prüfung kam per Kurier in die SchuleIm Stiftsgymnasium St. Paul starteten um 8.00 Uhr 28 junge Frauen und Männer mit dem Gegenstand Deutsch in die schriftlichen Prüfungen. Die vom Bifie ausgearbeiteten Fragestellungen wurden in Papierform von einem speziellen Kurier-Unternehmen nach St. Paul gebracht, erklärte der Lehrer, Pater Thomas Petutschnig, in einem im Vorfeld der Prüfungen geführten Gespräch mit der APA. Geöffnet wurde das Kuvert erst unmittelbar vor der Klausur vom Lehrer im Klassenzimmer. Neue Regeln hin oder her - nervöser als in vergangenen Jahren war der Deutschlehrer nicht, sagte er und ist damit wohl nicht allein: "Auch wenn ich diesen Jahrgang mit anderen vergleiche, ist die Aufregung unter den Schülerinnen und Schülern nicht größer."

"Schüler sind Versuchskaninchen"Kritik an der Form der Zentralmatura kommt vom Bildungswissenschafter Stefan Hopmann (Uni Wien). Die Schüler seien "Versuchskaninchen für eine Idee, die nicht gut ist, pädagogisch unvertretbar ist", so Hopmann im Ö1-"Mittagsjournal". Er plädiert daher dafür, dass nicht alle Aufgaben vom Bifie vorgegeben werden, sondern der Großteil von der Schule kommt. "Hat mein Lehrer einen falschen Schwerpunkt erwischt, habe ich Pech gehabt." Und: "Je zentraler ein Test, desto ungerechter ist er", so Hopmann im "Kurier".

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