Dass Theater und Politik einander nicht so fremd sind, wird im politischen Alltag oftmals unter Beweis gestellt. Bei der sogenannten Elefantenrunde am Donnerstagabend im Salzburger Landestheater zeigte sich ein gesittetes, beinahe gelöstes Miteinander der Spitzenkandidaten. Anschuldigungen rundum Ibiza, Schreddern oder sonstige Affären blieben weitgehend aus. "Keine Vergangenheitsbewältigung, sondern konkrete Antworten auf Zukunftsfragen" sollten laut Antonia Gössinger, Chefredakteurin der Kleinen Zeitung für Kärnten und Osttirol, am Programm stehen. Gössinger und SN-Chefredakteur Manfred Perterer moderierten diesen Schlagabtausch, der in Zusammenarbeit mit den Bundesländerzeitungen und der "Presse" organisiert wurde.
Das beherrschende Thema an diesem Abend war einmal mehr die Klimakrise. Während alle Parteien den öffentlichen Verkehr und die Infrastruktur ausbauen wollen, spitzt sich alles auf die Frage zu: CO2-Steuer ja oder nein?
Die Spitzenkandidaten zum Thema Klima
Grünen-Chef Werner Kogler war deutlich: "Eine sozialverträgliche Klimasteuer ist möglich und unausweichlich. Wir müssen das Geld vom Bösen holen und das Gute wird entlastet." Auch die Neos befürworten diese Abgabe: "Wir müssen CO2 einen Preis geben, aber andere Steuern wie die Einkommens- und Lohnsteuer senken", erklärte Beate Meinl-Reisinger. "Nur Mut, es geht beides."
Doch Peter Pilz von der Liste Jetzt war das noch zu wenig. Laut ihm sollten nicht nur Emissionen, sondern auch Fleisch besteuert werden. Bei dieser Forderung kamen das erste Mal an diesem Abend Unmutsbezeugungen aus dem Publikum.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warnte davor, Umweltpolitik gegen Sozialpolitik auszuspielen. "Es ist zynisch, den Treibstoff zu verteuern wenn es keinen Bahnhof und keine Busstation vor der Türe gibt." Norbert Hofer, FPÖ-Spitzenkandidat, warf ein, dass man die energieintensive Industrie nicht durch Steuern vertreiben dürfe. "Wir müssen beim Verkehr auf Schienenausbau und Biotreibstoff setzen."
Ganz versöhnlich gab sich ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz: "Ich bin optimistisch, dass wir das schaffen. Es gibt auch Gemeinsamkeiten, etwa, dass wir beim Verkehr ansetzen müssen." Man solle mit Hausverstand handeln und nicht auf Schnellschüsse setzen.
Die Kandidaten zum Thema Landflucht
Außerhalb von Wien ging es bei dieser Wahl-Auseinandersetzung erstmals auch um die Entwicklung des ländlichen Raums. Auf die Frage, welche konkreten Maßnahmen sie gegen Landflucht, aussterbende Ortschaften und fehlende Infrastruktur setzen wollen, brachten die Kandidaten ambitionierte Lösungsvorschläge hervor. Hofer und Kurz unterstrichen den Ausbau des 5G-Netzes und die Wichtigkeit von Arbeitsplätzen. Norbert Hofer betonte, "Betriebe siedeln sich dort an, wo eine leistungsfähige Internetinfrastruktur gegeben ist."
Rendi-Wagner betonte, dass vor allem auf die Ausbildungs- und Arbeitsplätze von Frauen gesetzt werden solle. "Auch der Ärztemangel ist ein großes Problem, er betrifft 200.000 Menschen im ländlichen Raum." Für Ex-Kanzler Kurz ist der Mangel an Medizinern am Land ebenfalls Thema: "Wir schlagen die Einführung eines Landarztstipendiums vor."
Auch Kogler, Meinl-Reisinger und Pilz, die sonst eher urbane Wählerschichten ansprechen wollen, betonten ihre Nähe zum Land und sprachen von der Notwendigkeit einer funktionierenden Infrastruktur in Form von Polizeistationen, Schulen, Bezirksgerichten und praktischen Ärzten.
Vor allem Neos-Chefin Meinl-Reisinger forderte eine stärkere Autonomie der Regionen: "Es braucht eine Steuerhoheit für Länder und Gemeinden in bestimmten Bereichen."
Weniger Einigkeit beim Thema Bildung
Weniger Einigkeit unter den Spitzenkandidaten herrschte dagegen beim Thema Bildung. Die Neos, die den Leitspruch "Bildung über alles" auf ihre Fahnen heften, wollen vor allem im Bereich der Elementarpädagogik ansetzen. Meinl-Reisinger sprach sich für kleinere Gruppengrößen in Kindergärten, die Aufwertung des Lehrerberufs und den Ausbau von Ganztagsschulen aus. Hier ging Rendi-Wagner mit und forderte, dass bis 2025 alle Familien im ländlichen Raum eine ganztägige Kinderbetreuung im Umkreis von 20 Kilometern vorfinden sollen. Kurz und Hofer hielten auch an diesem Abend an der Bildungspolitik nach dem "Leistungsprinzip" fest und lobten die unter Türkis-Blau eingeführten Deutschklassen. Zudem plädierte Kurz für die Bildungspflicht bis 18 Jahren und die Aufwertung des Lehrberufs.
Kogler hingegen sieht im Leistungsprinzip einen "der größten Missstände unserer Gesellschaft", der verschleiere, dass die Chancen der Kinder maßgeblich vom Einkommen der Eltern abhängen. Pilz sprach sich für die individuelle Förderung, gegen die Sonderschule sowie gegen Abschiebung von Lehrlingen aus.
Das Ambiente des Theaters entfaltete wohl seine Wirkung, auch das Publikum schien unterhalten und bekundete sowohl Zustimmung als auch Unmut mit entsprechendem Beifall.
Alles ganz ohne Theater
Das Resümee der Innenpolitik-Experten der Bundesländerzeitungen: Erfrischend, inhaltlich und interessant. Immerhin seien Themen angeschnitten worden, die so noch nicht genannt wurden. Neu war laut Politikexperten vor allem die Debatte über die Entwicklung des ländlichen Raums. Und neu war: Alles ganz ohne Theater.
Liveblog zum Nachlesen:
Die Sendung ist ein Projekt der "Salzburger Nachrichten" gemeinsam mit der "Tiroler Tageszeitung", den "Vorarlberger Nachrichten", den "Oberösterreichischen Nachrichten", der "Kleinen Zeitung" und der "Presse". Moderiert wird der Schlagabtausch von SN-Chefredakteur Manfred Perterer und Antonia Gössinger, Chefredakteurin der Kleinen Zeitung Kärnten.