"Das Militär der Emirate erhält von westlichen Staaten und anderen Ländern Waffenlieferungen in Milliardenhöhe, nur um diese dann an Milizen im Jemen weiterzuleiten, die nachweislich Kriegsverbrechen begehen", erklärte Mathias John, der Rüstungsexperte bei Amnesty International Deutschland. Die Organisation forderte alle Staaten auf, ihre Waffenlieferungen an alle im Jemen-Konflikt beteiligten Parteien einzustellen.
Der am Mittwoch vorgelegte Amnesty-Bericht dokumentiert, wie über die westlich orientierten Vereinigten Arabischen Emirate "in großem Umfang" Panzerfahrzeuge, Mörsersysteme, Gewehre, Pistolen und Maschinengewehre an Milizen gelangen, die keiner Regierung unterlägen. Diesen Milizen würden Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen, schreibt Amnesty International.
Laut Amnesty sind bei jemenitischen Milizen vor allem Panzerfahrzeuge aus den USA im Einsatz. Auch US-Medien hatten zuletzt darüber berichtet, dass Waffen aus den USA über Verbündete am Golf in den Jemen weitergeleitet würden. Der Kommandierende der US-Streitkräfte im Mittleren Osten, General Joseph Votel, forderte am Dienstag in Washington Aufklärung. "Wir müssen aufmerksamer diese Anschuldigungen verfolgen und herausfinden, was passiert ist", sagte er in einer Anhörung vor dem US-Kongress.
Ein Pentagon-Sprecher sagte, der Vorwurf des unrechtmäßigen Einsatzes von US-Militärgütern werde "sehr ernst" genommen. "Sobald wir glaubhafte Beweise haben, werden wir umgehend eine Untersuchung starten." Ein Sprecher des Außenministeriums in Washington teilte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP mit, dass die USA von allen Empfängern von US-Rüstungsexporten erwarteten, "dass das Material nicht ohne vorherige Genehmigung der amerikanischen Regierung weitergegeben wird".
Amnesty International stieß nach eigenen Angaben bei einer Analyse öffentlich zugänglicher Informationen zu den Kämpfen in der jemenitischen Hafenstadt Hodeidah darauf, dass Militärfahrzeuge und Waffen, die ursprünglich an die Emirate geliefert worden seien, mittlerweile von Milizen im Jemen genutzt würden.
Den bewaffneten Gruppen sei bereits in der Vergangenheit vorgeworfen worden, in Fällen des "Verschwindenlassens" von Personen und anderer Menschenrechtsverstöße in Geheimgefängnissen verwickelt zu sein. Hierzu zählen laut Amnesty unter anderem Inhaftierungen mit vorgehaltener Waffe, Folter mit Elektroschocks, simuliertes Ertrinken, das Aufhängen an der Decke und sexualisierte Demütigung. Die Milizen, die diese Geheimgefängnisse kontrollierten, seien mit bulgarischen Gewehren und US-Panzerfahrzeugen ausgerüstet.
Die USA und europäische Staaten würden "zu Recht" für ihre Rüstungsexporte an die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition im Jemen kritisiert, sagte Amnesty-Experte John. Dem Iran werde vorgeworfen, die gegnerischen Houthi-Rebellen mit Waffen versorgt zu haben. "Doch mit immer mehr von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgerüsteten Milizen ist eine weitere Bedrohung entstanden."
Im Jemen herrscht seit 2015 Krieg zwischen den vom sunnitischen Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi und den schiitischen Houthi-Rebellen, hinter denen der Iran steht. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden in dem Konflikt bereits mehr als 10.000 Menschen getötet, unter ihnen tausende Zivilisten.