"Selbst wenn jetzt eines dieser Länder umkippen würde, weil es Anreize finanzieller und andere Anreize seitens der Europäischen Union geben würde, es gibt dort kein Land, das wirklich irgendwie ein funktionierendes Schutzsystem für Flüchtlinge kennt", ergänzte der deutsche Asylrechtsprofessor vom italienischen Flüchtlingsrates CIR, einer Hilfsorganisation mit Sitz in Rom.
Es seien viele Fragen offen, etwa wie diese Plattformen rechtlich ausgestattet werden sollten. "Aber für den Augenblick scheint es mir mehr um eine Frage von Abschreckung zu gehen", sagte Hein. Zu sagen, in Europa sollten im Prinzip keine Bootsflüchtlinge mehr ankommen können, sei "auch in gewisser Weise richtig, wenn auf der anderen Seite es aber Möglichkeiten einer legalen und geschützten Einreise in die Europäische Union gäbe".
Der Idee, dass Asylanträge möglichst nicht mehr auf europäischem Boden gestellt werden können, kann Hein wenig abgewinnen. "Das ist nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar." Es gebe einen Anspruch auf Asyl, auch aufgrund des Lissabonner Vertrages. Zum ersten Mal überhaupt in der Weltgeschichte sei "das Recht auf Asyl als ein Grundrecht festgelegt" worden. "Denn man kann nicht einfach Menschen zurückweisen, wie es geschehen ist in grauen Zeiten vor der Demokratiewelle nach dem 2. Weltkrieg, an die wir doch nur mit eigentlich Horror zurück denken können."
Das heutige weltweite Flüchtlings- und Asylschutzsystem sei geboren "aus der Erfahrung von Faschismus und Nazizeit, vom 2. Weltkrieg und natürlich auch vom Stalinismus und dem was nach dem 2. Weltkrieg in Osteuropa passiert ist. Wollen wir das wirklich heute alles, dieses geschichtliche Vermächtnis über Bord werfen, nur weil ein paar tausend Flüchtlinge ankommen?" Hein betonte: "Es gibt kein wirkliches Flüchtlingsproblem, wenn man sich die Zahlen anguckt." Österreich zum Beispiel habe 2017 nur ein Viertel der Asylwerber gehabt wie 2015 und in den ersten sechs Monaten dieses Jahres sei der Monatsdurchschnitt bei weniger als 1.000 gelegen. "Das sind doch Zahlen, die machbar sind, ohne dass man jetzt also zu solchen Abschreckungsmechanismen greifen müsste."