Wie der Gefangenen-Beauftragte der jemenitischen Regierung, Hadi Haig, am Dienstag sagte, geht es bei dem Gefangenenaustausch um 1.500 bis 2.000 Kämpfer der Regierungstruppen und 1.000 bis 1.500 Houthi-Rebellen. Der Rebellenvertreter Abdel Kader al-Murtadha bestätigte die Einigung auf den Gefangenenaustausch. Er hoffe darauf, dass die Vereinbarung "ohne Probleme umgesetzt" werde, schrieb al-Murtadha im Kurzbotschaftendienst Twitter. Nach Angaben von Haig soll der Austausch allerdings erst nach den geplanten Friedensgesprächen unter Vermittlung der UNO stattfinden, die noch in dieser Woche in Schweden beginnen könnten.
Organisiert werden soll der Gefangenenaustausch von einer gemeinsamen Kommission von Regierung und Rebellen, die vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) unterstützt wird. Eine IKRK-Sprecherin begrüßte die Vereinbarung als "Schritt in die richtige Richtung", um Vertrauen zwischen den Konfliktparteien zu schaffen.
Im Jemen herrscht seit 2014 ein Bürgerkrieg, in dem nach UN-Angaben bereits etwa 10.000 Menschen getötet wurden, unter ihnen tausende Zivilisten. Nach Einschätzung der UNO handelt es sich um die schwerste humanitäre Krise weltweit.
UNO-Nothilfekoordinator Mark Lowcock sagte am Dienstag in Genf, dass der Jemen auch im kommenden Jahr das Land "mit dem größten Problem" sein werde. Die UNO geht nach seinen Angaben davon aus, dass 2019 zwölf Millionen Jemeniten auf Lebensmittelhilfen angewiesen sein werden.
Die katastrophale humanitäre Lage verschärft sich durch den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge aus Afrika. Im laufenden Jahr würden schätzungsweise 150.000 Migranten in dem kriegszerstörten Land ankommen, teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Dienstag in Genf mit. Sie bezeichnete es als "alarmierend", dass so viele Migranten in ein "gefährliches Kriegsgebiet" kämen.
Bei den meisten Ankömmlingen handelt es sich laut IOM um Armutsmigranten aus Äthiopien und Somalia, die den Jemen nach der Überfahrt über das Rote Meer als Transit-Land auf dem Weg zu den reichen Ölstaaten am Persischen Golf nutzen wollen. Die Zahl solcher Migranten sei im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen. Sie übersteige inzwischen bei weitem die Zahl der Bootsflüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kämen, sagte IOM-Sprecher Joel Millman.
Angeheizt wird der Konflikt dadurch, dass beide Seiten große Regionalmächte hinter sich haben: Die Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi wird vom sunnitischen Saudi-Arabien und einer von Riad angeführten Militärkoalition unterstützt, der schiitische Iran unterstützt die Houthi-Rebellen.
Vor der Einigung auf den Gefangenenaustausch waren am Montag bereits 50 verletzte Houthi-Rebellen in das neutrale Sultanat Oman ausgeflogen worden. Der UNO-Sondergesandte Griffiths, der sich seit Montag in der von den Houthi-Rebellen kontrollierten jemenitischen Hauptstadt aufhält, hatte sich bei der Militärkoalition dafür eingesetzt, die verletzten Rebellen ausfliegen zu lassen. Der Gefangenenaustausch ist nun eine weitere vertrauensbildende Maßnahme vor den geplanten Friedensgesprächen.
Die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate bezeichnete die geplanten Gespräche als "entscheidende Chance" für die Beilegung des Konflikts. Außenminister Anwar Gargash erklärte auf Twitter, die Evakuierung der verletzten Rebellen zeige erneut den Friedenswillen der jemenitischen Regierung und der Militärkoalition.
Die medizinische Versorgung der verletzten Houthi-Kämpfer war einer der größten Streitpunkte bei Friedensgesprächen in Genf im September. Die Gespräche waren gescheitert, weil die Houthi-Vertreter sich geweigert hatten, nach Genf zu reisen. Sie warfen der UNO damals vor, keine Sicherheitsgarantien für die Rückkehr ihrer Delegation nach Sanaa und keine Zusage für die Ausreise verletzter Rebellenkämpfer gegeben zu haben.