Morales musste schließlich zurücktreten, die aktuelle Linksregierung wertet die damaligen Proteste als Staatsstreich. In einem Haftbefehl vom Oktober wurde Camacho des "Terrorismus" beschuldigt, ohne dass Details genannt wurden. Damit verschärfen sich die Spannungen zwischen der Linksregierung von Präsident Luis Arce und Camachos Basis in dem wohlhabenden Landwirtschaftszentrum Santa Cruz. Camacho war bei der Präsidentschaftswahl 2020 dem Sozialisten Arce unterlegen, der unter Morales Wirtschaftsminister war.
Camacho bezeichnete das Vorgehen der Sicherheitskräfte in einer Stellungnahme auf Twitter als "brutale Entführung". Die Vorwürfe seien unzusammenhängend, unglaubwürdig und falsch, kritisierte der Rechtsanwalt.
Zuvor hatte schon die Provinzregierung von Santa Cruz scharfe Kritik an der Festnahme geübt. Der 43-Jährige sei bei einem irregulären Polizeieinsatz festgesetzt und an einen unbekannten Ort gebracht worden, teilte die Provinzregierung mit. Sie machte Präsident Arce für die Sicherheit von Camacho verantwortlich.
In Santa Cruz kam es laut Medienberichten nach der Festnahme zu Zusammenstößen von Anhängern Camachos und der Polizei. Dabei hätten die Beamten auch Tränengas eingesetzt. Der Sitz der Staatsanwaltschaft sei in Brand gesteckt worden. Zudem hätten Camacho-Anhänger zeitweise den internationalen Flughafen von Santa Cruz blockiert. Sie hätten verhindern wollen, dass der Politiker zum Regierungssitz nach La Paz geflogen werde. Dort sei Camacho am Abend streng bewacht in einem Hubschrauber eingetroffen. Medienberichten zufolge setzten Sicherheitskräfte Tränengas ein.
Erfreut über das Vorgehen gegen Camacho zeigte sich Ex-Präsident Morales. Camacho müsse nun "endlich" Rechenschaft ablegen "für den Staatsstreich, der zu Plünderungen, Verfolgungen, Festnahmen und Massaker durch die De-facto-Regierung führten", so Morales. Das Volk rufe nach Gerechtigkeit, fügte er hinzu. Morales war im November 2019 nach fast 14 Jahren im Präsidentenamt zurückgetreten, nachdem Vorwürfe der Wahlfälschung gegen ihn zu Massenprotesten geführt hatten. Nach dem Rücktritt und der Flucht ins Ausland von Ex-Präsident Morales war Camacho 2020 als Präsidentschaftskandidat angetreten.
Das US-Außenministerium teilte nach der Festnahme mit, dass es die Entwicklungen in Bolivien "beobachtet". Man fordere die Regierung auf, von "exzessivem Gewalteinsatz" gegenüber der Opposition abzusehen.
Der Festnahme Camachos vorausgegangen waren wochenlange Proteste in Santa Cruz, die von ihm angeführt wurden. Die Demonstranten hatten Straßen blockiert und den Handel gestoppt, weil die Regierung eine neue Volkszählung verzögert hatte, die Santa Cruz wahrscheinlich mehr Steuereinnahmen und Sitze im Parlament bescheren würde.