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Brasiliens Präsident tritt bei Rechtsextremen auf

Hunderte Anhänger des rechtsradikalen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben gegen die Corona-Auflagen demonstriert und ein Eingreifen der Streitkräfte gefordert. Die Proteste in der Hauptstadt Brasília richteten sich gegen die von mehreren Provinzgouverneuren verhängten Ausgangsbeschränkungen und Ladenschließungen zur Eindämmung der Pandemie.

Bolsonaro wurde bei seinem Auftritt immer wieder von heftigen Hustenanfällen unterbrochen.
Bolsonaro wurde bei seinem Auftritt immer wieder von heftigen Hustenanfällen unterbrochen.

"Jeder in Brasilien muss verstehen, dass er sich dem Willen des brasilianischen Volkes zu unterwerfen hat", rief der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro seinen Anhängern von der Ladefläche eines Geländewagens aus zu.

Die Demonstranten schwenkten vor dem Hauptquartier der Streitkräfte brasilianische Nationalflaggen, auf einem Transparent war zu lesen: "Militärintervention mit Bolsonaro an der Macht". Sie skandierten: "Schließt den Kongress" und "Schließt den Obersten Gerichtshof" und forderten die Reaktivierung des Dekrets AI-5, mit dem während der Militärdiktatur (1964-1985) Regimegegner und oppositionelle Abgeordnete unterdrückt wurden.

"Ich bin hier, weil ich an euch glaube", rief Bolsonaro seinen Anhängern zu. "Ihr seid hier, weil ihr an Brasilien glaubt." Er versicherte den Demonstranten, er werde alles dafür tun, um die Demokratie und die Freiheit zu verteidigen.

Der Ex-Militär hat das Coronavirus immer wieder als "leichte Grippe" bezeichnet und sich gegen eine Einschränkung des öffentlichen Lebens ausgesprochen. Bolsonaro fürchtet vor allem, dass der Lockdown der brasilianischen Wirtschaft schaden könnte.

Die Proteste und der Auftritt des Regierungschefs lösten heftige Kritik aus. "Der Präsident hat den Rubikon überschritten. Das Schicksal der brasilianischen Demokratie steht auf dem Spiel. Es ist an der Zeit, dass sich die Demokraten vereinen und ihre Meinungsverschiedenheiten überwinden im Namen der Freiheit", schrieb der Vorsitzende der Anwaltskammer, Felipe Santa Cruz auf Twitter.

Der Richter am Obersten Gerichtshof, Luís Roberto Barroso, schrieb: "Er ist erschreckend, nach 30 Jahren Demokratie wieder Demonstrationen für die Rückkehr des Militärregimes zu sehen. Die Vereidigung der Demokratie und der Institutionen ist Teil meiner Aufgabe und meine Pflicht."

Amnesty International warnte ebenfalls vor einem Rückfall zu einem Militärregime. Die Zeit zwischen 1964 und 1985 sei von schweren Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet gewesen, erklärte Jurema Werneck, Direktorin von Amnesty International in Brasilien. "In einer Zeit der globalen Krise, in der alle Brasilianer eine Regierung brauchen, die sich der Covid-19-Krise stellt und den Zugang zu medizinischer Versorgung für alle garantiert, ohne auch nur einen Bürger zurückzulassen, ist das Lobpreisen des Militärregimes und die Forderung nach seiner Rückkehr ein Rückschlag", sagte Werneck.

Wegen Meinungsverschiedenheiten über den richtigen Umgang mit der Coronavirus-Pandemie hatte Bolsonaro zuletzt den populären Gesundheitsminister entlassen. Auch mit den Gouverneuren der wichtigen Bundesstaaten Rio de Janeiro und São Paulo sowie mit Parlamentspräsident Rodrigo Maia geriet er aneinander. Selbst bei den zahlreich im Kabinett vertretenen Militärs wie Vizepräsident General Hamilton Mourão sorgte Bolsonaro mit seinem laxen Ansatz für Entsetzen.

In dem größten Land Lateinamerikas wurden bislang fast 40.000 Menschen positiv auf Corona getestet. 2500 sind gestorben. In den Ballungsräumen geraten die Kliniken zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen.

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