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Brexit-Abkommen: EU startet zum Abschluss formalen Prozess

Die EU-Kommission hat die ersten formalen Schritte gesetzt, um das im November zwischen der EU und Großbritannien erzielte Brexit-Abkommen abzuschließen. Die EU-Kommission teilte am Mittwoch in Brüssel mit, sie habe zwei Vorschläge für den EU-Ministerrat zur Unterzeichnung und Annahme des Textes verabschiedet.

Großbritannien verlässt planmäßig am 29. März 2019 die EU
Großbritannien verlässt planmäßig am 29. März 2019 die EU

In Großbritannien sieht es derzeit so aus, als ob Premierministerin Theresa May den Brexit-Vertrag bei der Abstimmung am kommenden Dienstag nicht durchs Parlament bringt. Der britische Handelsminister Liam Fox hielt nach der jüngsten Abstimmungsniederlage der Regierung im Parlament ein Scheitern des Brexits für möglich. Es bestehe die echte Gefahr, dass das Unterhaus mit seiner Mehrheit an Brexit-Gegnern "versuchen könnte, dem britischen Volk den Brexit zu stehlen", sagte Fox am Mittwoch. Das wäre ein demokratischer Affront.

Seit Dienstag debattiert das Unterhaus über den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Vertrag für einen geregelten EU-Austritt. Die nordirische DUP, auf deren Abgeordnete sich Mays Minderheitsregierung sonst stützt, lehnt den Vertrag ab. Auch Oppositionsparteien wollen die Abmachung nicht unterstützen. Labour als größte Oppositionspartei brachte bereits einen Änderungsantrag ein, der sicherstellen soll, dass die Regierung unter keinen Umständen die EU ohne Abkommen verlassen könnte.

Der Streit im britischen Parlament nahm unterdessen erneut an Schärfe zu. Die Regierung musste am Mittwoch ein Rechtsgutachten von Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox zu dem Abkommen veröffentlichen, nachdem sie tags zuvor mehrere Abstimmungsniederlagen im Parlament erlitten hatte. Das Gutachten dürfte den Widerstand gegen das Abkommen weiter verstärken. Darin wird ausgeführt, dass entweder Großbritannien als Ganzes oder nur Nordirland möglicherweise auf unbestimmte Zeit in einer Zollunion mit der EU bleiben müssten, sollte kein Abkommen über das künftige Verhältnis zustande kommen. Beides wollen Abgeordnete im britischen Parlament unbedingt verhindern.

Der Fraktionschef der nordirischen DUP, Nigel Dodds, bezeichnete das Gutachten als "verheerend". Die Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May ist auf die Unterstützung der DUP angewiesen. Auch rund 100 Abgeordnete ihrer eigenen Fraktion haben bereits Widerstand dagegen angekündigt. Die Chancen von Premierministerin Theresa May, bei der Abstimmung am 11. Dezember eine Mehrheit für ihren Deal zu bekommen, scheinen zunehmend zu schwinden.

Am Dienstag musste die Regierung noch vor dem Start der fünftägigen Debatte gleich drei Schlappen im Parlament hinnehmen. Neben zwei Niederlagen im Zusammenhang mit dem Rechtsgutachten des Generalstaatsanwalts, verlor die Regierung auch eine Abstimmung über das weitere Verfahren. Sollte der Deal kommende Woche durchfallen, hätte das Parlament nun das Recht, das weitere Vorgehen mitzugestalten.

Das britische Parlament und das Europaparlament müssen zustimmen, damit die Ausstiegsregelung in Kraft treten kann. Großbritannien verlässt planmäßig am 29. März 2019 die EU. Scheitert der Brexit-Vertrag in Westminster, könnte aber auch der EU-Austritt fraglich sein.

Sollte das Abkommen abgelehnt werden, droht politisches Chaos in Großbritannien. Ein EU-Austritt ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele weitere Lebensbereiche kann dann nicht ausgeschlossen werden. Auch eine Neuwahl oder ein zweites Brexit-Referendum scheinen möglich.