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Brexit-Rebellen vertagen Aufstand auf Ende Februar

Im Ringen um den Brexit-Kurs muss die britische Premierministerin Theresa May wohl erst Ende Februar mit einem Aufstand der EU-freundlichen Abgeordneten im Parlament rechnen. Eine parteiübergreifende Gruppe um die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper will Medienberichten zufolge erst am 27. Februar versuchen, eine No-Deal-Notbremse gegen den Willen der Regierung durchzusetzen.

Kritiker werfen May vor, Zeit zu schinden
Kritiker werfen May vor, Zeit zu schinden

Der Plan sieht vor, May zum Verschieben des Brexits zu zwingen, sollte sie bis Mitte nächsten Monats keinen Erfolg mit ihrem Austrittsabkommen haben. Großbritannien will die Europäische Union am 29. März verlassen. Eine Gelegenheit am Donnerstag, wenn das Parlament über die weiteren Brexit-Schritte abstimmt, wollen die Rebellen demnach verstreichen lassen.

Für Ärger bei den Brexit-Enthusiasten innerhalb der Regierungspartei sorgte am Mittwoch ein Bericht des Senders ITV. Demzufolge will May die Abgeordneten Ende März nicht vor die Wahl zwischen ihrem Deal oder einem No-Deal-Brexit stellen. Stattdessen werde sie mit einer langen Verschiebung des Brexits drohen. Das habe der britische Spitzenbeamte Olly Robbins in einer Bar in Brüssel ausgeplaudert, berichten ITV-Journalisten, die angeblich zufällig am Nebentisch saßen. Brexit-Minister Stephen Barclay wies den Bericht zurück.

Die britische Regierung wies Äußerungen eines Brexit-Beraters von Premierministerin May zurück, wonach diese angeblich plant, das Parlament erst in allerletzter Minute über das Austrittsabkommen abstimmen zu lassen. Robbins soll gesagt haben, die Europäische Union werde eine Verzögerung des Brexit voraussichtlich zulassen. "Letztlich werden sie uns wohl eine Verlängerung geben", wurde Robbins zitiert. Den Abgeordneten müsse in der letzten Märzwoche "weisgemacht werden", dass eine "Verlängerung möglich ist, aber wenn sie nicht für den Deal stimmen, die Verlängerung lang wird".

Das Votum am 27. Februar wäre bereits die dritte Abstimmungsrunde über den Brexit, seit das Parlament den mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag Mitte Jänner mit überwältigender Mehrheit ablehnte. Bei der ersten Runde hatte das Unterhaus May den Auftrag gegeben, das Abkommen nachzuverhandeln. Ein erster Versuch, der Regierung die Kontrolle über das Verfahren zu entreißen, scheiterte.

Vor der nächsten Abstimmungsrunde in London über den Brexit-Kurs appellierte EU-Ratschef Donald Tusk an Großbritannien, neue Ideen vorzulegen. "Keine Nachrichten sind nicht immer gute Nachrichten", erklärte Tusk auf Twitter. "Die EU-27 warten immer noch auf konkrete, realistische Vorschläge aus London, wie die Brexit-Blockade aufgebrochen werden kann."

Für den Fall eines ungeregelten Brexits ist die Regierung einem Medienbericht zufolge weit hinter dem Plan bei den Verhandlungen zur Übernahme von EU-Freihandelsabkommen zurück. Das berichtete die Boulevardzeitung "The Sun" unter Berufung auf ein ihr zugespieltes Regierungsdokument. Demnach sind von rund 40 EU-Freihandelsabkommen mit Drittländern, von denen Großbritannien bisher profitiert, nur sechs auch im Falle eines EU-Austritts ohne Abkommen gesichert. Bei vielen weiteren scheinen die Verhandlungen zu stocken.

Im Brexit-Streit werfen Kritiker wie Labour-Chef Jeremy Corbyn inzwischen May zunehmend vor, nur Zeit zu schinden. Sie wolle das Parlament Ende März kurz vor dem EU-Austritt vor eine Friss-oder-stirb-Abstimmung über ihr leicht verändertes Brexit-Abkommen stellen, heißt es.

Beobachtern zufolge droht May am Donnerstag zwar keine Gefahr von den EU-freundlichen Rebellen, doch es gibt Berichte, dass die Brexit-Hardliner ihr eine symbolische Schlappe beibringen könnten. Demzufolge weigern sich Teile der konservativen Abgeordneten, die Beschlussvorlage der Regierung zu unterstützen. Denn diese bestätige indirekt das nicht bindende Votum der vergangenen Abstimmungsrunde gegen einen No-Deal-Brexit.

Wann die Abgeordneten ein zweites Mal über den Brexit-Deal abstimmen sollen, ist noch unklar. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass das Votum erst nach dem nächsten EU-Gipfel am 21. März stattfinden könnte - nur wenige Tage vor dem EU-Austritt des Landes.