Habeck reagierte damit auf Äußerungen des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki und des parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann. Beide hatten erklärt, dass sie FDP-Chef Christian Lindner für den besten Kandidaten für das Amt des deutschen Finanzministers halten. Habeck erklärte, Lindner habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er Finanzminister werden wolle, das habe er auch im Wahlkampf mehr als deutlich gemacht. Aber es sei nicht hilfreich, jetzt - also sogar noch vor Beginn von Koalitionsverhandlungen - in Personalspekulationen einzusteigen.
"Wir haben sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. Die Konkurrenz ist da, ohne Frage. Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen", betonte Habeck. Er selbst stelle "alle persönlichen Ambitionen von Menschen inklusive meiner Person" immer zurück. "Ich klopfe allen auf die Finger, die zucken. Deshalb kann ich für meinen Laden sagen, wir werden das nicht tun."
Unterdessen sprach sich Lindner gegen öffentliche Diskussionen über Ministerposten aus, signalisierte aber erneut Interesse am Finanzministerium. "Wichtig ist mir nur eins, jeder der drei Partner muss wirken können, muss Einfluss nehmen können", sagte Lindner am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken."
Bei einem kleinen Parteitag hatten zuvor die Delegierten der Grünen am Sonntag in Berlin mit großer Mehrheit für die Aufnahme der Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen deutschen Bundesregierung mit SPD und FDP gestimmt. Von nach Parteiangaben 70 stimmberechtigten Delegierten stimmten zwei mit Nein, es gab eine Enthaltung. Damit steht nur noch die Zustimmung der FDP-Führung am Montag aus. Es wird erwartet, dass die zuständigen Gremien der Liberalen mitziehen und damit Koalitionsverhandlungen ermöglichen. Der SPD-Vorstand hatte bereits am Freitag den Weg für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen freigemacht. Die Sozialdemokraten würden in dem Bündnis mit Olaf Scholz den Kanzler stellen.
Dieser wies am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" den Vorwurf zurück, dass bei den Ampel-Sondierungen keine Antwort auf die Frage nach der Finanzierbarkeit der Pläne geliefert worden sei. Es gehe um einen großen Aufbruch, die Modernisierung des Landes, so SPD-Kanzlerkandidat Scholz. Dabei gehe es zu einem erheblichem Anteil darum, privatwirtschaftliche Investitionen zu ermöglichen. Klar sei aber auch, dass man zusätzliche Mittel für öffentliche Investitionen bereitstellen müsse. "Es geht also darum, die Dinge richtig zu kombinieren", betonte Scholz. "Was wir uns vorgenommen haben, ist, sehr solide zu wirtschaften und zugleich ein Jahrzehnt der Investitionen in Deutschland zustande zu bringen, privat und öffentlich."