Damit wollte Donald Trump nicht in die Geschichte eingehen: Schon jetzt ist der Republikaner einer von bisher nur drei US-Präsidenten, die sich einem Amtsenthebungsverfahren unterziehen mussten. Nun droht ihm ein unrühmliches Alleinstellungsmerkmal: Trump wird wohl der erste Staatschef der USA, gegen den gleich zwei solche Verfahren eröffnet wurden. Am Montag haben die Demokraten eine Impeachment-Resolution eingebracht. In dem Antrag wird Trump wegen des Sturms auf das Kapitol "Anstiftung zum Aufruhr" vorgeworfen.
Die Demokraten wollen eine mögliche Amtsenthebung Trumps nun mit Blitzgeschwindigkeit vorantreiben. Noch in dieser Woche könnte das Repräsentantenhaus die Eröffnung beschließen, die notwendige einfache Mehrheit ist absehbar. Das Verfahren selbst - das einem Gerichtsprozess ähnelt - würde vom Senat geführt, der anderen Kammer im Kongress. Der Senat kommt aber erst am 19. Jänner wieder zusammen. Nach den Impeachment-Regeln könnte das Verfahren frühestens am 20. Jänner um 13 Uhr beginnen. Eine Stunde vorher endet Trumps Amtszeit mit Bidens Vereidigung.
Wenn der Senat ein Urteil fällen würde, wäre die Ära Trump also schon Geschichte. Das Vorgehen der Demokraten erscheint auf den ersten Blick symbolisch, doch es steckt mehr dahinter: Das Amtsenthebungsverfahren sieht vor, Trump lebenslang für alle Regierungsämter zu sperren. Dann könnte der Republikaner 2024 nicht erneut für die Präsidentschaft kandidieren.
Die Erfolgsaussichten der Demokraten sind jedoch gering. Die Ämtersperre kann nicht allein beschlossen werden - erst müsste der Senat mit einer Zweidrittelmehrheit für eine Amtsenthebung stimmen. Das ist nicht absehbar, zumindest noch nicht: Denn auch unter republikanischen Senatoren nimmt die Kritik an Trump zu. Seit dem Wochenende fordern zwei von ihnen offen den Rücktritt des Präsidenten, ein dritter will die Anklage des Repräsentantenhauses zumindest in Erwägung ziehen.
Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte zudem Vizepräsident Mike Pence bereits in den vergangenen Tagen dazu aufgefordert, Schritte zu setzen, um Trump abzusetzen. Grundlage ist Zusatzartikel 25 der US-Verfassung. Demnach kann der Vizepräsident mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder den Präsidenten für unfähig erklären, "die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben". Die Chancen scheinen gering: Der Republikaner Pence ignoriert entsprechende Forderungen von Top-Demokraten seit Tagen.
Viele Amerikaner wollen Trump sofort loswerden. In einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Senders ABC sagten 56 Prozent, Trump solle noch kurz vor Schluss des Amtes enthoben werden. Weitere 19 Prozent sind nur aus dem Grund dagegen, da der Präsident ohnehin bald ausscheidet. Lediglich 23 Prozent sprachen sich gegen ein Impeachment aus, weil Trump in der Woche der verhängnisvollen Kapitol-Krawalle nichts falsch gemacht habe.
Den meisten Amerikanern steckt der Schock über die Unruhen am vergangenen Mittwoch noch in den Knochen. Immer deutlicher wird, wie knapp führende Politiker einem lynchenden Mob entkamen. Vor allem auf Mike Pence und Nancy Pelosi wurde gezielt Jagd gemacht. Immer wieder war die Parole "Hängt Mike Pence" zu hören.
Ein inzwischen inhaftierter Mann, mutmaßlich ein QAnon-Anhänger, war mit einem Sturmgewehr, mehreren Pistolen und Hunderten Patronen nach Washington angereist und hatte in Textnachrichten gedroht, Pelosi zu erschießen. Aufgestachelt hatte den Mob bei einer Kundgebung am Mittwoch Trump, der sich dagegen stemmte, dass der Kongress den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden besiegeln wollte.