Am Mittwochabend hatte das griechische Parlament beschlossen, eine diplomatische Offensive zu starten, damit das Land deutsche Reparationen erhält. 2016 hatte eine Kommission des griechischen Parlaments die Ansprüche auf rund 300 Milliarden Euro geschätzt. "Dieser Anspruch ist unsere historische und moralische Pflicht", sagte der linksgerichtete Ministerpräsident Alexis Tsipras nach einer zwölfstündigen Debatte.
Die deutsche Wehrmacht hatte Griechenland im Zweiten Weltkrieg 1941 besetzt. Zehntausende Griechen wurden im Kampf gegen die deutschen Besatzer oder bei Vergeltungsaktionen der Wehrmacht getötet. Die griechische Seite möchte zudem einen Ausgleich für eine Zwangsanleihe, die die griechische Nationalbank 1942 auf deutschen Druck ausgeben musste. Auch der griechische Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis, dessen konservative Partei in Meinungsumfragen führt, stellte sich hinter die Forderungen.
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch betont, dass sich Deutschland seiner historischen Verantwortung bewusst sei. "Wir wissen um die große Schuld, um das große Leid, das Deutschland und Deutsche zu Zeiten des Nationalsozialismus über Griechenland gebracht haben." Deshalb bemühe man sich um gute Beziehungen zum Euro- und EU-Land Griechenland als "Freunde und Partner".
Auch in Polen gibt es Forderungen nach Reparationen, dort geht es um eine Summe von rund 800 Milliarden Euro. Polens Reparationsbeauftragter Arkadiusz Mularczyk fordert nach dem griechischen Beschluss entsprechende Schritte vom polnischen Parlament. "Die Entscheidung des griechischen Parlaments zeigt, dass die Internationalisierung der Angelegenheit in Sachen Kriegsreparationen aus Deutschland realistisch ist", schrieb Mularczyk auf Twitter.