Selbst wenn Premierministerin Theresa May den Vertrag doch noch durch das Unterhaus brächte, wären einige Wochen zur Ratifizierung nötig. Einer Verlängerung würde die EU aller Voraussicht nach beim Gipfel am 21. und 22. März zustimmen, sagten mehrere Diplomaten in Brüssel.
Der Backstop ist die von der EU geforderte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland: Bis eine andere Lösung gefunden ist, soll ganz Großbritannien in einer Zollunion mit der EU bleiben. Viele Brexiteers lehnen dies ab, weil sie eine dauerhaft enge Bindung an die EU fürchten.
Man suche eine rechtlich verbindlichere Form der von EU-Ratschef Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einem Brief gegebenen Zusicherung, dass der Backstop möglichst gar nicht genutzt werden solle und wenn doch, dann so kurz wie möglich, sagte ein EU-Diplomat. Denkbar sei eine Zusatzerklärung zum Abkommen.
Doch bleibe die EU dabei, dass der Backstop nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt befristet werden könne. Auch ein einseitiges Kündigungsrecht Großbritanniens sei nicht akzeptabel, bekräftigten mehrere Diplomaten. Der Austrittsvertrag werde nicht noch einmal geöffnet.
Das britische Parlament soll am 12. März noch einmal über den Austrittsvertrag abstimmen, den es Mitte Jänner abgelehnt hatte. May hatte am Mittwoch gesagt, sie stehe kurz davor, Zugeständnisse aus Brüssel zu erhalten. Danach hatte das Unterhaus die Regierungschefin darauf festgelegt, bei Ablehnung des Vertrags und eines sogenannten No Deal auch über die Option einer Verschiebung des Brexits abstimmen zu dürfen.
Zuvor bekräftigte Oppositionsführer Jeremy Corbyn seine Unterstützung für ein zweites Referendum. Damit solle ein "schädlicher Tory-Brexit oder ein katastrophales No-Deal-Ergebnis" verhindert werden, sagte Corbyn am Mittwochabend in London.
Das Unterhaus hatte zuvor für Mays neue Brexit-Strategie gestimmt, die zu einer Verschiebung des Austrittsdatums Ende März führen könnte. Die Abgeordneten billigten mit 502 zu 20 Stimmen den Drei-Stufen-Plan, welcher May mehr Zeit für die Nachverhandlungen mit der EU einräumt. Abgelehnt wurde hingegen ein Labour-Antrag, der unter anderem einen Verbleib Großbritanniens in der Zollunion mit der EU vorsah. Seine Labour-Partei werde sich aber weiterhin auch für andere Optionen einsetzen, unter anderem für eine "enge wirtschaftliche Beziehung" mit der EU, betonte Corbyn.
Labour-Chef Corbyn hatte am Montag eine Kehrtwende vollzogen und sich hinter die Forderung nach einem neuen Brexit-Referendum gestellt. Für den Fall einer Ablehnung des Antrags zur Zollunion werde seine Partei einen Antrag auf Abhaltung eines zweiten Referendums vorlegen, beziehungsweise einen vorliegenden Antrag unterstützen, hieß es.
Die EU-Kommission lehnte einen eigenen Vertrag mit London über Bleiberechte für EU-Bürger in Großbritannien und Briten in der EU ab. "Wir werden keine Mini-Deals verhandeln", sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. Vielmehr erwarte man, dass Großbritannien die Zusage umsetze, die Rechte der EU-Bürger auch bei einem Brexit ohne Vertrag zu wahren. Die EU-Staaten seien ihrerseits aufgefordert, den Briten auf ihrem Territorium großzügige Rechte zu gewähren. Es gehe um insgesamt 4,5 Millionen Menschen auf beiden Seiten des Ärmelkanals. "Sie sollten nicht den Preis für den Brexit zahlen", sagte die Sprecherin.
Fast zeitgleich mit einer Brexit-Abstimmungsrunde im Londoner Parlament rief Prinz William die Menschen in Nordirland "zum Zusammenhalt in schwierigen Zeiten" auf. Britische Medien werteten seine Rede als Anspielung auf den geplanten EU-Austritt. William war gemeinsam mit seiner Frau Kate zu einem unangekündigten Besuch in Belfast eingetroffen. Die Royals kommentieren normalerweise keine politischen Geschehnisse.