"Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, weiterhin vollständig seinen Verpflichtungen (...) nachzukommen und von Eskalationsschritten Abstand zu nehmen", heißt es in der Erklärung. Die europäische Seite sei entschlossen, den legitimen Handel mit dem Iran aufrechtzuerhalten, um das Abkommen zu erhalten. Jegliche Ultimaten weise man aber zurück.
Teheran hatte seine Partner zuvor unter dem Eindruck neuer US-Sanktionen gegen seine Wirtschaft unter Zeitdruck gesetzt: Die nächsten zwei Monate seien die letzte Frist für die Diplomatie. Auch ein kompletter Ausstieg aus dem Abkommen stehe auf der Agenda, warnte Vizeaußenminister Abbas Araqchi laut iranischen Medien am Donnerstag.
Der Iran hatte am Mittwoch exakt ein Jahr nach dem Ausstieg der USA angekündigt, sich nicht mehr an bestimmte Bestimmungen des Atomabkommen gebunden zu fühlen. Die Führung in Teheran gab den verbliebenen Vertragspartnern China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland am Mittwoch aber eine Frist von 60 Tagen, um doch noch zu ermöglichen, dass der Iran wieder von versprochenen Sanktionserleichterungen profitiert. Dies ist derzeit nicht mehr der Fall, weil die Wiedereinführung von US-Sanktionen dafür gesorgt hat, dass auch europäische Unternehmen vor Geschäften mit dem Iran zurückschrecken. Es geht insbesondere um Sanktionen im Öl- und Bankensektor.
"Diese zweimonatige Frist wird definitiv nicht verlängert", sagte Araghchi. Er gehört zu den Architekten des Wiener Atomabkommens von 2015, das dem Iran im Gegenzug für die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen eine international kontrollierte Atomwirtschaft zugestand. Damit sollte verhindert werden, dass der Iran Atomwaffen entwickelt. Die USA hatten die von der UNO übernommene Vereinbarung am 8. Mai 2018 einseitig aufgekündigt und Sanktionen wieder verhängt. Dabei bedrohen die USA auch westliche Partner, die sich ihren Sanktionen nicht unterwerfen.
Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte am Mittwoch angekündigt, dass der Iran die im Vertrag geltenden Beschränkungen der Bestände von angereichertem Uran und Schwerem Wasser vorerst nicht mehr einhalten werde. Sollte es keine Lösung geben, werde der Iran wieder Uran höher als 3,5 Prozent anreichern. Hoch auf 90 Prozent angereichertes Uran kann für Atombomben benutzt werden.
Aus Sicht der EU bedeutet die iranische Ankündigung keinen sofortigen Verstoß gegen das Abkommen, weil Teheran noch deutlich unter den dort festgelegten Grenzwerten liege.
Araqchi sagte weiter: "Wir wollen die Umsetzung des Atomdeals, nicht ein Wort mehr, nicht ein Wort weniger. Die nächsten 60 Tage sind daher die letzte Chance für eine diplomatische Lösung." Gebe es bis dahin keine Lösung, werde der Iran die Urananreicherung wieder unbegrenzt aufnehmen und den Umbau des Schwerwasserreaktors Arak vollenden. In Arak könnte atomwaffentaugliches Plutonium anfallen.
Diese Maßnahmen müssten nach Einschätzung von Beobachtern die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien auf den Plan rufen, die über die Einhaltung des Atomabkommens wacht. Bisher hat sich der Iran laut IAEA an die Vereinbarungen und Auflagen gehalten.
Die USA verschärfen inzwischen ihre Gangart gegen den Iran weiter. Während strategische Bomberflotten und ein Flugzeugträgerverband in den Nahen Osten verlegt wurden, verhängte Trump am Mittwoch per Dekret neue Sanktionen gegen die Metallbranche der Islamischen Republik.
Der Iran hat die Reaktion der EU-Staaten auf den iranischen Teilausstieg aus dem Atomabkommen scharf kritisiert. "Anstatt vom Iran zu erwarten, sich einseitig an ein internationales Abkommen zu halten, sollte die EU selbst ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nachkommen", twitterte Außenminister Mohammad Javad Zarif am Donnerstag.
Die USA haben nach Worten Zarifs mit ihrem Ausstieg aus dem Abkommen ein Jahr lang die EU tyrannisiert, aber die EU habe nichts anderes unternommen, als ihr Bedauern auszudrücken. Diese Haltung der EU zeige, warum die Vereinbarung kurz vor dem Ende stehe, fügte der iranische Chefdiplomat hinzu.
Nach dem Ultimatum hat US-Präsident Donald Trump die Führung in Teheran zu Gesprächen aufgefordert. "Was sie tun sollten ist, mich anzurufen, sich hinzusetzen", sagte Trump am Donnerstag vor Reportern im Weißen Haus. "Wir können einen Deal machen, einen fairen Deal. Wir wollen nur nicht, dass sie Atomwaffen haben."
Die europäischen Partner des Abkommens, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, hatten das iranische Ultimatum zum 2014 in Wien geschlossenen Atomabkommen gemeinsam mit der EU zuvor als nicht akzeptabel zurückgewiesen. Der Iran hatte zuvor gedroht, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist den Ausstieg aus dem Abkommen einzuleiten. Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen, weil sie den Iran für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Die Europäer und die beiden anderen Vertragspartner Russland und China wollen an dem Abkommen festhalten.