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Hunderte Zivilisten fliehen vor Kämpfen um IS-Bastion

Hunderte Zivilisten sind nach Angaben von Aktivisten vor Kämpfen um die letzte Bastion der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien geflohen. Rund 500 Menschen hätten in den vergangenen 24 Stunden den vom IS kontrollierten Ort Baghuz verlassen können, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Dienstag.

Bei den meisten handle es sich um Frauen und Kinder unterschiedlicher Nationalitäten. Die Zivilisten sind demnach in Gebiete unter Kontrolle der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) geflohen. Die Angaben ließen sich unabhängig nicht überprüfen. Die Menschenrechtler sitzen in England, stützen sich bei ihren Angaben aber auf Informanten in Syrien.

Die SDF stehen unter kurdischer Führung und hatten am Wochenende eine Offensive auf die letzte IS-Bastion begonnen. Die von den USA angeführte internationale Koalition unterstützt sie aus der Luft. Die heftigen Kämpfe um Baghuz nahe der Grenze zum Irak seien auch am Dienstag weitergegangen, meldeten die Menschrechtler. Der IS sei auf ein Gebiet von etwa zwei Quadratkilometern zurückgedrängt worden.

In Baghuz sollen noch mehrere Hunderte IS-Anhänger ausharren, darunter Anführer und ausländische Kämpfer. Auch IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi soll Medienberichten zufolge dort gewesen, mittlerweile aber in die umliegenden Wüstengebiete geflohen sein.

Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon sprach am Dienstag unter Berufung auf das Umfeld der kurdischen Autonomieverwaltung von Gerüchten, wonach al-Bagdadi festgenommen worden sei. Es könnte demnächst eine Bestätigung folgen, sagte Reimon im Europaparlament in Straßburg. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" dürfte demnach "endgültig besiegt worden sein".

Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Geir Pedersen, äußerte indes die Hoffnung auf einen Neustart für das Land. Es gebe dort viele Herausforderungen, sagte Pedersen am Dienstag vor einem Gespräch mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas in Berlin. "Aber am wichtigsten ist, dass wir einen Neuanfang in Syrien sehen müssen." Ein "Schlüssel" für den weiteren politischen Prozess sei die Einsetzung eines Verfassungskomitees, forderte er mehr Vertrauen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Zur Lage des "Islamischen Staats" (IS) in Syrien sagte er, die Jihadistenmiliz sei "dramatisch geschwächt, aber vielleicht noch nicht komplett besiegt".

Maas sagte, Syrien solle "möglichst schnell wieder an Stabilität" gewinnen. Möglich sei dies nur durch einen "nachhaltigen und dauerhaften politischen Prozess", der die Interessen aller Bevölkerungsgruppen einbeziehe. Auch Maas betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des geplanten Verfassungskomitees. Dieses solle "ein Türöffner sein für weitere politische Veränderungen in Syrien".