30 verletzte Nato-Soldaten und dutzende serbische Demonstranten, einer von ihnen schwebt mit Schusswunden in Lebensgefahr. Das war in dieser Woche die Folge gewalttätiger Proteste in vier mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden im Norden des Kosovo. Die Nato will jetzt zusätzliche 700 Soldaten in den jüngsten Staat Europas schicken. Es war ein Präzedenzfall, dass Nato-Truppen auf europäischem Boden angegriffen werden, auch wenn sie nur zwei verfeindete Parteien, ganz im Sinne ihrer Schutzmission im Kosovo, voneinander trennen wollten.
Seit dem Treffen der 47 Staaten der Europäischen Politischen Gemeinschaft am Donnerstag in Moldau gibt es erste Anzeichen für eine Entspannung der Lage im heute fast ausschließlich von Albanern bewohnten Kosovo. Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti schrieb am Donnerstagabend auf Twitter: "Der Abzug gewalttätiger Mobs vor den Gemeindeämtern (...) ist der Weg zur Deeskalation, bis es zu neuen Wahlen kommt."
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron führten am Rande des Gipfeltreffens in Moldau Gespräche zur Entspannung des wieder eskalierten Konflikts im Nordkosovo. "Wir haben uns intensiv unterhalten mit Kosovo und Serbien", sagte Scholz am Abend nach einem Treffen mit Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und der Präsidentin der Republik Kosovo, Vjosa Osmani. Er selbst, aber auch Macron und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell seien sehr darum bemüht, die Spannungen zu deeskalieren.
Eine Wiederholung der vorgezogenen Kommunalwahlen, wie das Albin Kurti auf Twitter andeutete, an denen sich auch Serben beteiligen würden, wäre eine mögliche Lösung. In der Zwischenzeit sollten albanische Bürgermeister mehrheitlich von Serben bewohnte Gemeinden aus der Ferne verwalten.
Bereits zu Beginn der Woche waren die Vorwürfe aus Brüssel und Washington in Richtung Serbien zurückhaltend ausgefallen, obwohl serbische Demonstranten die Soldaten der Kfor-Schutztruppe verletzt hatten. Nach allgemeiner Einschätzung tragen die im Kosovo lebenden Serben, die das Land, in dem sie leben, nicht anerkennen, und auf die serbische Regierung hören, nicht allein die Schuld für die Krawalle.
Die jüngste Eskalation war auch eine späte Folge der am 23. April abgehaltenen, vorgezogenen Kommunalwahlen. Serben boykottierten diese Wahlen, die ausgeschrieben worden waren, weil sie aus Protest alle kosovarischen Institutionen verlassen hatten. Der Grund dafür war wiederum, dass die Regierung in Pristina sie zwingen wollte, ihre in Serbien registrierten Autos im Kosovo umzuregistrieren und ihre serbischen Kennzeichen mit kosovarischen zu ersetzen, auf denen "Republik Kosovo" steht. Es geht um staatliche Symbole, um einen unerbittlichen Kampf für nationale Symbole.