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Kronprinz soll von "Kugel" gegen Khashoggi gesprochen haben

Neue US-Geheimdiensterkenntnisse im Mordfall Jamal Khashoggi stärken einem Bericht zufolge den Verdacht gegen den saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Die "New York Times" berichtete am Donnerstag, bin Salman habe rund ein Jahr vor der Ermordung des Journalisten gesagt, er würde gegebenenfalls "mit einer Kugel" gegen Khashoggi vorgehen.

Kronprinz Mohammed bin Salman.
Kronprinz Mohammed bin Salman.

Saudi-Arabiens Außenminister lehnte eine Stellungnahme zu dem US-Zeitungsbericht ab. Der Kronprinz habe die Tötung des "Washington Post"-Mitarbeiters nicht angeordnet, sagte Adel al-Jubeir. "Wir wissen, dass dieser Einsatz nicht autorisiert war."

Die Zeitung beruft sich auf ein von US-Geheimdiensten abgehörtes Gespräch zwischen dem mächtigen Thronfolger und einem Mitarbeiter im September 2017. Das aufgezeichnete Gespräch wurde demnach erst kürzlich schriftlich festgehalten. Mohammed bin Salman sagte demnach, der in Washington im Exil lebende Khashoggi müsse nach Saudi-Arabien gelockt oder mit Gewalt zurückgeholt werden. Wenn das nicht gelinge, würde er "mit einer Kugel" gegen den regierungskritischen Journalisten vorgehen. Unklar sei aber, in wie weit das wörtlich gemeint gewesen sei.

Rund 13 Monate nach diesem Gespräch wurde Khashoggi im Konsulat des Königreichs in Istanbul von einem extra angereisten 15-köpfigen Kommando ermordet. Die saudiarabische Führung bestreitet, die Ermordung des Journalisten angeordnet zu haben, und macht eigenmächtig handelnde Agenten verantwortlich.

Der "New York Times"-Bericht erschien just vor Ablauf einer Frist des US-Kongresses an die Regierung von Präsident Donald Trump im Fall Khashoggi. Der Auswärtige Ausschuss des Senats hatte der Regierung im Oktober 120 Tage Zeit gegeben, Verantwortliche für den Mord zu benennen und gegen diese vorzugehen. Die Frist läuft am Freitag aus. Eine Gruppe von Senatoren brachte am Donnerstag einen Gesetzesentwurf ein, um Waffenlieferungen an Saudi-Arabien einzuschränken.

Mehrere Senatoren brachten nun einen Gesetzesentwurf ein, um den Verkauf von Panzern, Kampfflugzeugen und anderen Waffen an Riad einzuschränken. Zudem sieht der Entwurf Sanktionen gegen Saudi-Araber vor, die an dem Mord beteiligt waren. Auch verpflichtet er das Außenministerium, über die Menschenrechtslage in dem Königreich und seine Rolle im Jemen-Konflikt Bericht zu erstatten.

Saudi-Arabien soll zudem die türkischen Ermittlungen im Fall Khashoggi nach Überzeugung einer UN-Menschenrechtsexpertin behindert haben. Die saudischen Behörden hätten keine sorgfältige Untersuchung des Tatorts ermöglicht, sagte Agnès Callamard, die dem UN-Menschenrechtsrat über außergerichtliche, standrechtliche und willkürliche Hinrichtungen berichtet.

Die gesammelten Beweismittel zeigten, dass Khashoggi "das Opfer einer brutalen und vorsätzlichen Tötung" gewesen sei, geplant und ausgeführt von Vertretern Saudi-Arabiens, teilte Callamard am Donnerstag in Genf mit. Callamard war vom 28. Jänner bis 3. Februar in der Türkei, um den Fall Khashoggi zu untersuchen. Sie will dem Menschenrechtsrat im Juni einen ausführlichen Bericht vorlegen.

Ein Berater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Untersuchungen Saudi-Arabiens im Fall Khashoggi ebenfalls scharf kritisiert. Der "völlige Mangel an Transparenz" sei zutiefst beunruhigend und beschädige die Glaubwürdigkeit der saudi-arabischen Behörden, sagte Fahrettin Altun, Kommunikationschef des türkischen Präsidenten.

Saudi-Arabien müsse die Mörder Khashoggis ausliefern, um zu beweisen, dass das Land im Rahmen der Gesetze handle, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Nach türkischer Darstellung wurde der Mord von höchster saudischer Stelle angeordnet, was die Führung in Riad dementiert.

Die saudi-arabische Führung steht seit Khashoggis Tod international unter Druck. Nach Darstellung der Führung in Riad ordneten der inzwischen entlassene Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Assiri und der königliche Medienberater Saud al-Qahtani den Einsatz an. Kronprinz Mohammed bin Salman sei nicht informiert gewesen, hieß es. Doch bleibt der Verdacht, dass er der eigentliche Verantwortliche ist.

Die Verlobte des ermordeten Jamal Khashoggi hat indes die Hoffnung geäußert, dass die US-Regierung ihre Haltung in dem Fall ändert. Hatice Cengiz sagte am Freitag bei der Vorstellung eines neuen Buchs über das Leben Khashoggis, sie hoffe, dass der neue US-Kongress "sehr genau den Fall verfolgt" und auch Präsident Donald Trump seine Haltung ändere.

Eventuell werde sie im März in die USA reisen, sagte Cengiz. Sie stellte am Freitag in Istanbul das Buch "Jamal Khashoggi: Sein Leben, sein Kampf, seine Geheimnisse" vor, das von den beiden türkischen Journalisten Mehmet Akif Ersoy und Sinan Onus geschrieben worden war. Kommende Woche soll es auch in englischer Übersetzung erscheinen. In dem Buch teilt Cengiz ihre Erinnerungen und Dokumente zum Leben Khashoggis, "der ein Journalist für Sie, aber ein Mann für mich war", wie sie sagte.

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