"Um dieses Land zu schützen", habe das Innenministerium die Befugnis, jemandem die britische Staatsbürgerschaft abzusprechen, wenn die Person nicht in die Staatenlosigkeit entlassen werde, zitierte die britische Nachrichtenagentur Press Association das Innenministerium. Da Shamima Begums Familie ursprünglich aus Bangladesch stammt hat sie laut Medienberichten Anspruch auf die Staatsbürgerschaft des südostasiatischen Landes und wäre somit nicht staatenlos, auch bei einem Verlust der britischen Staatsbürgerschaft.
"Ich finde das ungerecht für mich und meinen Sohn", sagte die junge Mutter dem Sender ITV in Nordsyrien. Möglicherweise beantrage sie nun die Staatsbürgerschaft der Niederlande, erklärte die Frau. 2015 war sie mit einem IS-Kämpfer aus den Niederlanden verheiratet worden.
Shamima Begum hatte sich im Alter von 15 Jahren - im Jahr 2015 - gemeinsam mit Mitschülerinnen der Terrororganisation IS angeschlossen. Vier Jahre später will sie nun heimkehren, um die Überlebenschancen ihres neugeborenen Kindes zu erhöhen. Ihr Fall sorgt seit Tagen in Großbritannien für Debatten.
Angeheizt wurde diese durch den Aufruf von US-Präsident Donald Trump an europäische Länder, ihre Staatsbürger aus Syrien zurückzunehmen und in Europa vor Gericht zu stellen - und machte die EU auf ein ungelöstes Problem im Syrien-Krieg aufmerksam. Falls die Verbündeten nicht reagierten, seien die USA gezwungen, die mehr als 800 in Kämpfer auf freien Fuß zu setzen, drohte Trump am Wochenende via Twitter. Ein Großteil dieser befindet sich jedoch nicht in US-Gewahrsam, sondern in der Gewalt kurdischer Kräfte.
Aus Österreich befinden sich derzeit rund 100 Kämpfer in Syrien und dem Irak, rund 30 Prozent davon besitzen laut Innenministerium die österreichische Staatsbürgerschaft. Zwar lehnt das Innenministerium die Rücknahme der IS-Kämpfer klar ab, grundsätzlich ist Österreich aber rechtlich verpflichtet, seine Staatsbürger zurückzunehmen. Ähnlich wie in Großbritannien darf die Staatsbürgerschaft nicht aberkannt werden, wenn die Person damit staatenlos werden würde.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der heute Abend von Trump im Weißen Haus empfangen wird rechnet nach eigenen Angaben damit, dass die US-Seite die Frage der Rückführung von europäischen IS-Kämpfern aus Syrien während des einstündigen Gespräches im Oval Office ansprechen wird. Österreich sei diesbezüglich zurückhaltend, weil der Schutz der einheimischen Bevölkerung Priorität habe, so Kurz im Vorfeld seines Washington-Besuches.
Außenministerin Karin Kneissl reagierte auf Trumps Aufforderung zu Wochenbeginn ebenfalls zurückhaltend. "Jede einzelne Biografie" müsse klar geprüft werden. Bisher gibt es nach Aussagen des Außenamtes in Österreich einen bekannten Fall, wo es um die Rückholung österreichischer Staatsbürger gehe. Es handelt sich dabei um eine junge Wienerin und ihren eineinhalbjährigen Sohn, die sich derzeit in kurdischer Haft befindet, aber ausreisen möchte. Kneissl verwies auf die "konsularischen Schutzpflicht" und teilte mit, dass derzeit "praktische Möglichkeiten einer Rückholung" geprüft würden.
Unterdessen konnten am Mittwoch zahlreiche Zivilisten und Familienangehörige aus der letzten IS-Bastion in Syrien gebracht werden. Auf rund 30 Lastwagen, die die belagerte Stadt Baghouz verließen, befanden sich hauptsächlich Frauen, Kinder und andere Zivilisten. Bereits am Dienstag hatten rund 30 Personen das noch von den IS-Kämpfern gehaltene Gebiet verlassen können. Die Syrischen Demokratischen Kräfte, die das Dorf an der irakischen Grenze seit Wochen belagern, erklärten, dass sie zunächst die Zivilisten herausholen wollten, bevor sie einen Angriff starten.