Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Zuletzt hatte die Führung in Kiew mitgeteilt, Angriffe auf Hostomel zurückgeschlagen zu haben. Dabei hätten die russischen Truppen schwere Verluste erlitten. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, bisher seien insgesamt mehr als Tausend russische Soldaten in Kämpfen in der Ukraine getötet worden.
Russland hat nach eigenen Angaben insgesamt 211 ukrainische Militärobjekte "außer Gefecht" gesetzt. Dies teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Freitagabend in Moskau mit. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Aussagen nicht. Nach Konaschenkows Darstellung wurden zudem sechs ukrainische Kampfflugzeuge, ein Hubschrauber sowie fünf Drohnen abgeschossen. Auch 67 Panzer seien zerstört worden.
Der Militärsprecher sagte zudem, die Russen hätten Waffen erobert, die in den vergangenen Monaten aus dem Westen für die Ukraine bereit gestellt worden seien - darunter amerikanische Panzerabwehrraketen. Konaschenkow sprach von "Trophäen". Konaschenkow sagte außerdem, dass Separatistenkämpfer aus der ostukrainischen Region Donezk mittlerweile 25 Kilometer in bisher von ukrainischen Regierungstruppen kontrolliertes Gebiet weit vorgerückt seien. Luhansker Kämpfer seien mit russischer Unterstützung 21 Kilometer weiter vorgedrungen.
Russische Soldaten beschossen nach ukrainischen Angaben die Region um die Hafenstadt Odessa an der Schwarzmeer-Küste mit Raketen. Es seien mehrere Raketen vom Meer aus auf Grenzschutzanlagen abgefeuert worden, teilte der Grenzschutz von Odessa mit. Betroffen sei auch Infrastruktur in der Region Mykolajiw. Mehrere Beobachtungsposten seien beschädigt worden. Befürchtet wird, dass russische Truppen nach Odessa vorrücken könnten - eine strategisch wichtige Stadt.
Nach schweren Kämpfen überschritten russische Truppen den Fluss Dnipro in der Südukraine. Damit hätten sie nun Zugang zur strategisch wichtigen Stadt Cherson, teilte die Gebietsverwaltung am Freitag mit. Der Gegner habe mit schweren Kräften angegriffen und heftige Verluste erlitten. Schließlich hätten die Verteidiger aber die Kontrolle verloren.
Die Führung der Region unternehme alle Anstrengungen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten und Leben zu retten. Die Großstadt mit knapp 300.000 Einwohnern spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Hafenstadt Odessa im Südwesten des Landes.
Den russischen Angaben zufolge blockieren russische Truppen zudem die Stadt Tschernihiw unweit der Grenze zu Belarus. "Zum jetzigen Zeitpunkt haben die Einheiten der Streitkräfte der Russischen Föderation die Blockade der Stadt Tschernihiw abgeschlossen", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Er versicherte zudem, Russland werde keine Wohngebiete in Kiew angreifen. "Russische Soldaten unternehmen alle Maßnahmen, um Verluste in der Zivilbevölkerung zu verhindern."
Die russischen Truppen würden noch "Aufgaben" in Kiew und anderen Städten übernehmen. Sie hätten Tapferkeit und Heldenmut gezeigt. Der ukrainischen Führung warf das Ministerium Terrormethoden vor. Sie missbrauche Zivilisten als Schutzschilde.
Russland hatte Donnerstag früh mit einem großen Angriff auf die Ukraine begonnen. In mehreren Städten schlugen Raketen und Artilleriegranaten ein. Russische Bodentruppen waren anschließend binnen weniger Stunden bis an den Stadtrand von Kiew vorgedrungen.
Ukrainische Truppen rückten mit schwerer Militärtechnik unterdessen in Kiew ein, um die Hauptstadt zu verteidigen. "Die Stadt ist im Verteidigungsmodus", sagte Bürgermeister Vitali Klitschko UNIAN zufolge. Schüsse und Explosionen in einigen Gegenden bedeuteten, dass russische "Saboteure" ausgeschaltet würden. "Die Situation ist schwierig, aber wir glauben an unsere Streitkräfte und unterstützen sie", sagte Klitschko. Die Stadtverwaltung rief die Einwohner auf, Überwachungskameras auszuschalten und abzuhängen, damit russische Truppen dadurch keinen Einblick in ukrainische Stellungen erhielten.
Bei Angriffen auf die südukrainische Stadt Mariupol sind nach offiziellen Angaben 35 Zivilisten verletzt worden. Es gebe neun schwer und 26 mittelschwer Verletzte, sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko am Freitag der ukrainischen Agentur UNIAN zufolge. Er warf Kämpfern der prorussischen Separatisten vor, zivile Gebäude zu beschießen. Die Situation in der Hafenstadt sei unter Kontrolle, es gebe Wasser und Strom. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk. Die Stadt hat strategisch enorme Bedeutung. Die Regierung in Kiew hatte mitgeteilt, dass ukrainische Truppen einen Vormarsch auf die Stadt verhinderten. Athen plant, Angehörige der griechischen Minderheit in der Ukraine, die großteils in Mariupol leben (über 20.000 Menschen) zu evakuieren.
In der Stadt Charkiw waren am späten Donnerstagnachmittag Zeugen zufolge Explosionen zu hören. Die Menschen werden aufgefordert, in U-Bahn-Stationen Schutz zu suchen. Die Stadt Lwiw im Westen des Landes erlässt einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine eine Ausgangssperre.
Die russische Regierung hatte betont, ihre Streitkräfte würden nicht auf zivile Gebäude zielen. Aus mehreren ukrainischen Städten wurde allerdings Beschuss von Wohnvierteln gemeldet. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warf Russland vor, einen Kindergarten und ein Waisenhaus attackiert zu haben. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Dekret zur Generalmobilmachung unterschrieben, meldete UNIAN unter Berufung auf das Präsidialamt in Kiew. Die Anordnung gilt demnach 90 Tage und sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor. "Wir müssen operativ die Armee und andere militärische Formationen auffüllen", begründete Selenskyj eine Entscheidung. Bei den Territorialeinheiten werde es zudem Wehrübungen geben. Nach ukrainischen Behördenangaben dürfen zudem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Später rief Selenskyj auch Europäer mit Kampferfahrung auf, sein Land bei der Abwehr des russischen Großangriffs zu unterstützten. "Wenn Sie über Kampferfahrung in Europa verfügen und sich nicht mit der Unentschlossenheit der Politiker abfinden wollen, können Sie in unser Land kommen und sich uns anschließen, um Europa zu verteidigen", erklärte Selenskyj am Freitag.
Die ukrainischen Streitkräfte haben Russland nach eigenen Angaben schwere Verluste zugefügt. Bisher hätten die einrückenden Truppen 2.800 Soldaten "verloren", teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Freitagnachmittag mit. Dabei war unklar, ob es sich um getötete, verwundete oder gefangene Soldaten handeln soll. Außerdem seien schätzungsweise bis zu 80 Panzer, mehr als 500 weitere Militärfahrzeuge sowie 10 Flugzeuge und 7 Hubschrauber zerstört worden. Die Angaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Zuvor hatten die Streitkräfte mitgeteilt, es seien mehr als 1.000 russische Angreifer getötet worden. "Wir sind stark! Der Sieg wird unser sein!", betonte das Ministerium. Russland hat nach eigenen Angaben keine nennenswerten Verluste erlitten.