SN.AT / Politik / Weltpolitik

Moskau will am Donnerstag weiterverhandeln - Kiew bedeckt

Die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew sollen nach russischen Angaben am Donnerstag weitergehen. "Wir warten morgen auf sie", sagte der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax. Aus Kiew gab es keine Bestätigung. Es ist zweifelhaft, dass ohne die Anwesenheit der anderen (ukrainischen) Seite am Verhandlungstisch wirklich Verhandlungen stattfinden können", twitterte der ukrainische Präsidentensprecher Mychailo Podoljak.

Erste Verhandlungsrunde ergebnislos
Erste Verhandlungsrunde ergebnislos

Nach vorläufigen Angaben solle das Treffen mit Vertretern des Nachbarlandes in der ersten Tageshälfte stattfinden, hieß es von der russischen Seite. Die Ukrainer seien auf der Anreise. Als Ort der Begegnung sei Brest im Westen von Belarus vereinbart worden. Podoljak bestätigte diese Angaben nicht. "Warten Sie einfach auf den tatsächlichen Beginn des Dialogs", schrieb er auf Twitter.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur UNIAN unter Berufung auf Kiews Delegationsleiter David Arachamija berichtet, dass die Ukraine neuen Verhandlungen mit Russland zugestimmt habe. Die ersten Verhandlungen am Montag an der belarussisch-ukrainischen Grenze hatten keine Ergebnisse gebracht.

Zuvor hatte es um die Fortsetzung der Verhandlungen Verwirrung gegeben. Der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch sagte der ukrainischen Agentur Ukrinform: "Was die Gespräche betrifft: Es ist nicht bekannt, ob sie stattfinden werden." Dann sagte der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow, dass die Delegation Moskaus am Mittwochnachmittag am Verhandlungsort eintreffen werde.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der Ukraine am Mittwoch vor, kein echtes Interesse an Verhandlungen mit Russland zu haben. Das solle auf Druck der USA passieren, meinte Lawrow, ohne dafür Belege zu haben. "Der Westen weigerte sich, mit uns bei der Bildung einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur zusammenzuarbeiten", so Lawrow weiter. Mit Blick auf die weltweiten massiven Sanktionen gegen Russland betonte Lawrow Moskaus Platz in der globalen Gemeinschaft. "Russland hat viele Freunde, es ist unmöglich, es zu isolieren."

Offenbar will Russland der Ukraine die Zusammensetzung ihrer künftigen Regierung vorschreiben. "Das ukrainische Volk wählt seine Führung", erzählte Lawrow in einem auszugsweise veröffentlichten Interview mit dem TV-Sender Al-Jazeera, aus dem TASS zitierte. "Aber sie muss alle Nationalitäten der Ukraine vertreten", forderte Lawrow. Russland hat immer wieder beklagt, dass die prowestliche ukrainische Regierung russische Muttersprachler und Russen vor allem im Osten der Ukraine diskriminiere. Zudem war in Moskau bereits mehrfach - trotz fehlender Belege - von einem "Genozid" an der russischsprachigen Bevölkerung die Rede.

Kreml-Chef Wladimir Putin bekräftigte in einem Telefonat mit dem israelischen Premierminister Naftali Bennett die russischen Forderungen. Die Regierung in Kiew muss demnach die "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk in der Ostukraine sowie Russlands Anspruch auf die Schwarzmeer-Halbinsel Krim anerkennen, hieß es aus dem Büro Bennetts nach dem Telefonat. Zudem fordert Russland eine "Demilitarisierung" der Ukraine. Die beiden hatten bereits am Sonntag telefoniert. Israel hat sich bisher nicht zu Medienberichten geäußert, wonach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bennett gebeten haben soll, in Israel Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszurichten.

US-Außenminister Antony Blinken machte eine Wiederaufnahme von Gesprächen von einer Deeskalation abhängig. "Wir halten die Tür für einen diplomatischen Weg offen", sagte Blinken am Mittwoch in Washington. "Das wird ohne militärische Deeskalation sehr schwer sein. Es ist viel schwieriger für die Diplomatie, erfolgreich zu sein, wenn Kanonen schießen, Panzer rollen und Flugzeuge fliegen. Aber wenn Russland sich zurückzieht und auf Diplomatie setzt, sind wir bereit, das Gleiche zu tun", betonte Blinken. Er will am Donnerstag aufbrechen, um zunächst zur NATO nach Brüssel und dann nach Osteuropa zu reisen.

In seinen regelmäßigen Gesprächen mit der ukrainischen Regierung habe er deutlich gemacht, "dass wir alle diplomatischen Bemühungen der ukrainischen Regierung um einen Waffenstillstand und den Rückzug der russischen Streitkräfte unterstützen werden", sagte Blinken. "Wenn es diplomatische Schritte gibt, die wir unternehmen können und von denen die ukrainische Regierung glaubt, dass sie hilfreich wären, sind wir bereit, diese zu unternehmen." Zugleich würden die USA aber die Ukraine weiterhin dabei unterstützen, sich selber zu verteidigen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will nach Angaben seines Büros am Mittwochabend in einer Fernsehansprache die Lage in der Ukraine erörtern. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz rief Russland bei seinem Israel-Besuch erneut auf, alle Kampfhandlungen sofort einzustellen. "Attacken auf zivile Infrastruktur und Zivilisten müssen aufhören", betonte er.

KOMMENTARE (3)

Peter Lüdin

Es gibt aktuell nur noch ein Szenario, in dem Russland nicht wirtschaftlich ruiniert wird. Das ist ein zeitnaher Abgang von V. Putin in irgendeiner Form. Wenn Russland in dem Krieg siegt und die Ukraine unterwirft, dann werden die Sanktionen bleiben und die ohnehin schwache russische Wirtschaft in den Abgrund stürzen. Ausserdem dürfte ein zehrender, teurer Guerilla-Krieg in der Ukraine bleiben, der kaum zu gewinnen ist. Wenn V. Putin die Ukraine nicht besiegt, dann wird die Ukraine rechtmässig Reparationsforderungen über hunderte Milliarden stellen und der Westen wird helfen diese durchzusetzen. So oder so, Russland wird sich wirtschaftlich ruinieren, ausser V. Putin wäre zeitnah weg und es gibt einen Neuanfang.
Antworten

Anna Gruber

Sogar aus Weißrussland fahren russische Panzer in die Ukraine. Wo sind jetzt jene Genossen aus der SPÖ, die kürzlich noch im weißrussischen TV den Diktator Lukaschenko gegen die demokratische Opposition verteidigt haben?
Antworten

walter Redni

russland ist schon wieder zu verhandlungen bereit? ja sagt mal, darf denn die sn das berichten?
Antworten

Mehr zum Thema