Brauchte es diese Auszeichnung noch als definitiven Beleg dafür, dass das Baguette in Frankreich nicht nur besonders schmackhaft ist, sondern auch ein wichtiger Ausdruck der Identität des Landes? Dass es sich nicht nur um eine simple Stange Weißbrot handelt, sondern vielmehr um "250 Gramm Magie und Perfektion", wie es der französische Präsident Emmanuel Macron, ein Liebhaber poetischer Ausdrücke, sagte? Er unterstützte die Bewerbung des Baguettes um eine Aufnahme in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Unesco, die nun erfolgreich war. Das bestätigte am Mittwoch die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, die selbst in der Baguette-Hauptstadt Paris sitzt. "Eine Ernährungsgewohnheit kann voll und ganz ein kulturelles Erbe darstellen, das uns hilft, als Gesellschaft zusammenzuhalten", betonte die Unesco-Generaldirektorin Audrey Azoulay. Es gehe nicht nur um das Lebensmittel an sich, sondern die damit verbundene Tradition, das Handwerk. Bereits vor zwölf Jahren nahm die Organisation das gastronomische Mahl in Frankreich in ihre Weltkulturerbe-Liste auf. Das Baguette, das ihr nun folgt, ist Teil dieses Mahls, wird es in Frankreich doch oft morgens mit Butter und Marmelade und bei allen weiteren Mahlzeiten als Beilage gegessen.
Idealerweise innen weich und außen knusprig, kam es zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Paris auf und galt laut Loïc Bienassis vom europäischen Institut für Ernährungs-Geschichte und -Kulturen zunächst als "Luxus-Produkt": "Die unteren Schichten aßen Bauernbrote, die sich besser aufbewahren ließen." Erst ab den 60-er und 70-er Jahren setzte sich das Baguette als kulinarischer Allzeit-Begleiter der Französinnen und Franzosen durch.
Noch immer werden jährlich sechs Milliarden Exemplare davon gebacken und kaufen täglich zwölf Millionen Kundinnen und Kunden ihr Baguette in einer der 35.000 Bäckereien des Landes. Um das Bäcker-Metier zu schützen, sieht eine Art Reinheitsgebot seit 1993 strikte Regeln für die Herstellung der Stangenbrote vor. "Das Baguette - das ist Mehl, Wasser, Salz, Hefe und handwerkliches Können", sagte der Präsident der nationalen Vereinigung für Bäcker und Konditoren, Dominique Anract.
Brauchte es also noch diese Auszeichnung? Oui - antworten alle Baguette-Liebhaber, und davon gibt es viele.