Kundgebungen gegen den Antisemitismus gab es in Dutzenden französischen Städten, darunter auch Marseille im Süden und Nantes im Westen. Auf Plakaten der Demonstranten stand "Es reicht" oder "Nein zur Banalisierung des Hasses". Die Zahl der antisemitischen Übergriffe war im vergangenen Jahr um 74 Prozent gestiegen
An der Pariser Kundgebung auf dem Platz der Republik, zu der 18 Parteien aufgerufen hatten, nahmen auch Premierminister Edouard Philippe teil sowie mehr als die Hälfte der Kabinettsmitglieder. Auch die früheren Präsidenten Francois Hollande und Nicolas Sarkozy waren gekommen. Hollande sagte, der Antisemitismus sei "eine Angelegenheit ganz Frankreichs" und nicht nur der Juden.
"Meine Großeltern sind in Auschwitz umgekommen", erzählte die 64-jährige Demonstrantin Anne-Francoise, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte. "Zum Glück leben meine Eltern nicht mehr - sie würden nicht aushalten, was gerade passiert."
"Ich kann nicht sagen, dass ich gerade stolz bin, Französin zu sein", sagte die 14-jährige Maya Vincent, die als eine von wenigen jungen Leuten zu der Pariser Demonstration gekommen war. Sie werde in der Metro wegen ihrer Kette mit Davidstern oft angefeindet, berichtete sie - und niemand komme ihr zu Hilfe.
Präsident Macron hatte vor Beginn der Kundgebungen bei einer Kranzniederlegung am Pariser Holocaust-Mahnmal betont, die Republik stehe wie ein "Block" gegen den Antisemitismus. Er hatte am Dienstag bei einem Besuch auf dem jüdischen Friedhof im elsässischen Quatzenheim ein härteres Vorgehen gegen Täter versprochen. Dort hatten Unbekannte rund hundert Gräber unter anderem mit Hakenkreuzen beschmiert.
Ein auch von jüdischen Vertretern gefordertes Gesetz gegen den "Antizionismus" lehnt Macron dagegen ab. Die bisherigen Vorgaben zum Schutz vor antisemitischen Übergriffen reichten aus, betonte er. Am Mittwochabend wird Macron beim Jahresempfang des jüdischen Dachverbands Crif erwartet.
Eine Sprecherin von Macrons Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung) wies den Aufruf des israelischen Einwanderungsministers Joav Galant zurück, die französischen Juden sollten "heim" nach Israel kommen. "Ihr Zuhause ist Frankreich, diese Menschen sind Franzosen, und diese Äußerung ist gefährlich", sagte Aurore Bergé dem Sender RFI.
Nach den antisemitischen Ausfällen gegen den Philosophen Finkielkraut nahm die Polizei einen Verdächtigen im elsässischen Mülhausen in Gewahrsam. Er wurde den Ermittlern zufolge mit Hilfe von Videoaufnahmen von einer "Gelbwesten"-Demonstration am vergangenen Samstag identifiziert. Danach beschimpfte er Finkielkraut unter anderem als "dreckigen Zionisten" und schrie "Frankreich gehört uns".
Der Chef der französischen Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, warnte die Regierung davor, allen "Gelbwesten" eine antisemitische Haltung zu unterstellen. "Jede Form von Diskriminierung ist schlecht", betonte er bei der Kundgebung in Marseille, zu der sich rund 1.500 Menschen versammelten.