"Es ist jedoch unbedingt notwendig, dass die internationale Gemeinschaft viel mehr Unterstützung für die Flüchtlingshilfe und die Gastgeber leistet", sagte Grandi und forderte Länder in und außerhalb Europas zu stärkerem Engagement auf. Moldau, eines der wirtschaftlich schwächsten Länder Europas, brauche jetzt besonders viel Hilfe.
Laut UNCHR sind seit Beginn des russischen Einmarschs mehr als zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Die meisten Menschen seien in Nachbarländer geflüchtet, sagte eine Sprecherin. Mehr als die Hälfte von ihnen, über 1,2 Millionen, wurde demnach von Polen aufgenommen. Die Ukraine zählte vor Beginn des Kriegs mehr als 44 Millionen Einwohner. Nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) waren unter den Flüchtlingen aus der Ukraine gut 100.000 Menschen aus Drittstaaten.
Grandi betonte, dass der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine nicht abreiße. Die Balkankriege in Bosnien und im Kosovo hätten ebenfalls zu enormen Fluchtbewegungen geführt, sagte Grandi. Es habe sich dabei um "vielleicht zwei oder drei Millionen" Menschen gehandelt, "aber über einen Zeitraum von acht Jahren". "Jetzt sind es acht Tage". Das habe es in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben.
Grandi warnte zudem davor, dass die zweite Flüchtlingswelle aus der Ukraine hilfsbedürftiger als die erste sein werde. "Wenn der Krieg weitergeht, werden wir es mit Menschen zu tun haben, die weder Ressourcen noch Verbindungen ins Ausland haben", so der UNHCR-Chef. Damit werde die Situation in den europäischen Ländern schwieriger, noch mehr Solidarität in Europa und anderen Gegenden werde nötig sein.
Alleine am Montag überschritten rund 141.500 Menschen die Grenze nach Polen, teilte der Grenzschutz am Dienstag auf Twitter mit. Insgesamt sind dort seit Kriegsbeginn 1,2 Millionen ukrainische Flüchtlinge angekommen. Und auch in Tschechien nimmt die Zahl der Kriegsflüchtlinge zu. Bisher seien mehr als 100.000 Menschen aus der Ukraine eingetroffen, sagte Ministerpräsident Petr Fiala.
In Ungarn trafen bisher insgesamt rund 180.000 Menschen ein, berichtete das Onlineportal "Nepszava.hu" am Dienstag. Wie viele der Kriegsflüchtlinge in Ungarn bleiben oder weiterreisen wollen, sei nicht bekannt. Der ungarische rechtsnationale Premier Viktor Orban warnte auf Facebook, der Krieg käme der ungarische Grenze immer näher, so dass die Zahl der Flüchtlinge wachsen werde. "Wir sind auf die Versorgung der Flüchtlinge vorbereitet", hieß es.
Indes wächst die Kritik am britischen Umgang mit Schutzsuchenden aus der Ukraine. Bisher hat Großbritannien im Rahmen eines ausgeweiteten Visa-Programms für Angehörige von in Großbritannien lebenden Ukrainerinnen und Ukrainern nur 300 Flüchtlinge aufgenommen. Verteidigungsminister Ben Wallace kündigte am Dienstag in einem BBC-Interview an: "Wir können und werden mehr tun", verteidigte das bisherige Vorgehen aber dennoch als "großzügig".