Mattis betonte in seinem Rücktrittsschreiben an Trump am Donnerstag die Bedeutung internationaler Allianzen. Es sei unverzichtbar für die USA, starke Partnerschaften zu pflegen und Verbündete mit Respekt zu behandeln. Als Beispiele nannte etwa die Kooperation in der NATO und im internationalen Bündnis gegen die islamistische Terrororganisation IS. Gleichzeitig müssten die USA entschlossen und unmissverständlich in ihrer Haltung gegenüber jenen Ländern sein, deren Interessen den eigenen zuwiderliefen, betonte der General. Als Beispiele nannte er hier China oder Russland.
"Da Sie das Recht auf einen Verteidigungsminister haben, dessen Positionen mehr auf Ihrer Linie liegen in dieser und in anderen Fragen, halte ich es für richtig, meinen Posten zu räumen", schrieb Mattis an Trump.
Trump bemühte sich dagegen, jeden Anschein von Differenzen zu zerstreuen. Während Mattis' Amtszeit seien enorme Fortschritte erreicht worden, etwa bei der Ausrüstung des Militärs, erklärte der US-Präsident. Mattis sei eine große Hilfe dabei gewesen, Verbündete und andere Länder dazu zu bringen, ihren Beitrag bei militärischen Verpflichtungen zu leisten. "Ich danke Jim sehr für seine Dienste!", schrieb Trump. Ein Nachfolger werde bald benannt.
Die Nachricht von Mattis' Rückzug kam einen Tag nach Trumps überraschender Ankündigung, die US-Soldaten aus dem Bürgerkriegsland Syrien abzuziehen - mit der Begründung, der IS sei dort besiegt. Dies löste im In- und Ausland große Irritationen und harsche Kritik aus. Fachleute halten den IS keineswegs für besiegt und einen Abzug aus Syrien für hochgefährlich. Nach Darstellung des Senders CNN und anderer US-Medien hatte Trump den Abzug gegen den ausdrücklichen Rat von Mattis wie auch von Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton beschlossen.
Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter, Mattis habe noch am Donnerstag versucht, Trump in der Frage umzustimmen - allerdings ohne Erfolg. Daraufhin habe er seinen Rückzug angekündigt.
Einen Rückzug will Trump auch in Afghanistan, dieser dürfte rund 7.000 Soldaten betreffen. "Rund die Hälfte" der 14.000 US-Einsatzkräfte werde das Land am Hindukusch "in den nächsten Monaten" verlassen, bestätigte ein US-Beamter am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Afghanistans Präsident Ashraf Ghani erklärte, ein Teilabzug der US-Truppen sei keine Gefahr für die Sicherheitslage in Afghanistan.
Führende Demokraten bezeichneten unterdessen den Abgang von Mattis als Zäsur, da er in der Trump-Administration eine Stimme der Vernunft gewesen sei. Auch aus den Reihen der Republikanern war Besorgnis zu hören. Der republikanische Senator Marco Rubio etwa wertete Mattis' Schreiben als Beleg dafür, dass die USA außenpolitisch auf einem gefährlichen Kurs unterwegs seien. Er hoffe, dass Trump überzeugt werden könne, eine andere Richtung einzuschlagen.
Die russische Politik sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem befohlenen Rückzug von US-Truppen aus Syrien und dem Rücktritt von US-Verteidigungsminister James Mattis. "Das ist ein interessantes und eher positives Signal", kommentierte der auf Außenpolitik spezialisierte Parlamentarier Konstantin Kossatschow am Freitag auf Facebook. Trump habe Mattis ja schon immer "eher als Demokraten" gesehen.
Mattis' Rücktrittsankündigung löste bei Politikern in der Asien-Pazifik-Region wiederum Besorgnis aus. "Er war einer der Erwachsenen in der Trump-Regierung", sagte der australische Senator Jim Molan in einem Zeitungsinterview. Mit dem Rücktritt werde die Unberechenbarkeit in der amerikanischen Außenpolitik verstärkt. Mattis war einer der klarsten Kritiker der chinesischen Expansionsbestrebungen im Südchinesischen Meer, versuchte zugleich aber auch, die Spannungen nicht eskalieren zu lassen. Die Asien-Pazifik-Region mit wichtigen US-Verbündeten wie Japan, Südkorea und Australien ist einer der Brennpunkte internationaler Spannungen.
Seit Trump im Weißen Haus regiert, gab es Dutzende Personalwechsel, darunter einige in seinem Kabinett. Zu den aufsehenerregendsten gehörte die angeblich per Twitter erfolgte Entlassung von Außenminister Rex Tillerson im März. Allein in den vergangenen Wochen gab es zudem mehrere Änderungen: Erst drängte Trump seinen Justizminister Jeff Sessions zum Rücktritt, dann verkündete er die Trennung von Stabschef John Kelly wie auch von Innenminister Ryan Zinke. Frühere Mitarbeiter des Weißen Hauses zeichneten in Insider-Berichten ein Bild von chaotischen Zuständen.