SN.AT / Politik / Weltpolitik

Westbalkan-Gipfel brachte keine Fortschritte

Das Spitzentreffen der Staats- und Regierungschefs der EU mit den Westbalkanländern ist ohne konkrete Fortschritte zu Ende gegangen. Die Eröffnung der Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien ist weiter blockiert, wie ein hochrangiger EU-Beamter am Donnerstag nach den fast vierstündigen Brüsseler Beratungen bestätigte. Keine Annäherung gab es demnach auch mit Serbien im Streit um die Umsetzung der EU-Sanktionen gegen Russland.

Kanzler macht sich für Westbalkan-Staaten stark
Kanzler macht sich für Westbalkan-Staaten stark

Die ursprünglich nach den Beratungen angesetzte Pressekonferenz mit EU-Ratspräsident Charles Michel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wurde aus Zeitgründen abgesagt. Um 15.30 Uhr sollte dann der eigentliche EU-Gipfel beginnen, bei dem es um die Beitrittskandidaturen der Ukraine und Moldaus gehen sollte. Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob wollte dort vorschlagen, dass auch Bosnien-Herzegowina den EU-Kandidatenstatus erhält. Wie die Nachrichtenagentur STA meldete, hat er dafür die explizite Unterstützung Österreichs und Ungarns, doch seien auch weitere Staaten dem Vorschlag gegenüber aufgeschlossen.

Im Rahmen des Westbalkan-Gipfels pochte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf "gleiche Regeln für alle". "Das ist ein Gebot der Fairness und eine Frage der Glaubwürdigkeit", sagte Nehammer (ÖVP) laut Mitteilung am Donnerstag in Brüssel. Sein deutscher Amtskollege Olaf Scholz forderte ebenfalls Fortschritte im EU-Beitrittsprozess der sechs Westbalkan-Staaten. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic zeigte sich zuversichtlich.

"Wir dürfen auch nicht mit zweierlei Maß messen was den EU Beitrittsprozess anbelangt", erklärte Nehammer in der der APA vorliegenden Stellungnahme. Angesichts der engen Beziehungen zu Österreich sei "der EU-Annäherungsprozess für die Länder des Westbalkans in unserem ureigensten Interesse". Er werde sich "mit Nachdruck" weiterhin dafür einsetzen. Zuletzt forderte Österreich konkret, dass auch Bosnien-Herzegowina der Status eines Beitrittskandidatenlandes erteilt wird, nicht nur der Ukraine.

Im Vorfeld des offiziellen EU-Gipfels trafen die 27 EU-Staats- und Regierungschefs mit ihren Amtskollegen aus den sechs Westbalkanstaaten - Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und der Kosovo - zusammen. Nehammer wollte sich am Rande mit den Präsidenten des Kosovos, von Bosnien-Herzegowina, von Montenegro sowie von Serbien zu bilateralen Gesprächen treffen.

Die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani-Sadriu drängte vor dem EU-Gipfel auf eine Visa-Liberalisierung für ihr Land. Zudem forderte sie, dass die Unterstützung von EU-Sanktionen gegen Russland zur Bedingung für die weitere Annäherung gemacht wird. Dies ist etwa bei Serbien nicht der Fall, das Kosovo weiter als abtrünnige Provinz ansieht. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Regierung in Belgrad wiederholt ermahnt, dass von EU-Beitrittskandidaten erwartet werde, auch die EU-Außenpolitik zu teilen.

Darauf angesprochen erklärte der serbische Präsident Aleksandar Vucic, sein Land habe im Rahmen einer Abstimmung in der UNO-Vollversammlung die Aggression gegen die Ukraine verurteilt. "Wir unterstützen die territoriale Integrität der Ukraine, wir unterstützen die territoriale Integrität Serbiens, was manche EU-Staaten nicht tun", sagte Vucic in Anspielung auf den Kosovo-Konflikt.

Serbien, Nordmazedonien und Albanien hatten in den vergangenen Tagen erwägt, nicht an dem gemeinsamen Gipfel teilzunehmen. Vucic will aber nicht von einem Boykott sprechen. "Wir haben das Thema Nordmazedonien und Bulgarien besprochen, das war der Grund", sagte er. "Aber wir sind hier, um unsere europäische Zukunft zu besprechen." Zudem zeigte Vucic sich zuversichtlich, dass es "gute Schlussfolgerungen für den Westbalkan" geben werde. "Wir sind aber auf jeden Fall zutiefst dankbar für die Investitionen der Europäischen Union in unsere Länder", so der serbische Präsident.

Scholz pochte darauf, dass die sechs Staaten EU-Mitglieder werden dürfen. "Wir fühlen uns verantwortlich dafür, dass die Länder Erfolg haben mit ihren Bemühungen", sagte er. Die Länder müssten endlich das Gefühl bekommen, dass ihre Reformanstrengungen belohnt würden.

Der albanische Ministerpräsident Edi Rama erhob in Brüssel schwere Vorwürfe gegen Bulgarien. "Es ist eine Schande, dass ein NATO-Land zwei andere NATO-Länder als Geisel hält", sagte er zur bulgarischen Blockade. Die Regierung in Sofia forderte bisher, Nordmazedonien müsse zuvor die bulgarischen Wurzeln in seiner Sprache und Geschichte und Rechte der bulgarischen Minderheit anerkennen. Die anderen 26 EU-Staaten zeigten eine "furchterregende Show der Impotenz", kritisierte Rama. Er erinnerte daran, dass etwa Nordmazedonien schon vor fast 17 Jahren den EU-Beitrittsstatus erhalten habe. Zugleich dämpfte Rama Hoffnungen auf ein positives Votum beim Gipfel.

Der bulgarische Premier Kiril Petkow machte bei seinem Eintreffen im Ratsgebäude klar, dass er das Veto gegen Nordmazedonien aufrechterhalten werde. Ihm "persönlich" gefalle der Kompromissvorschlag der französischen Ratspräsidentschaft zwar, doch müsse das bulgarische Parlament darüber befinden, sagte Petkow nach einem Bericht des Inforportals Euractiv. Es gehe nämlich um eine Entscheidung, die "nachhaltig" und unabhängig von der jeweiligen Regierungsmehrheit sein solle, argumentierte Petkow, dessen Kabinett am gestrigen Mittwoch vom Parlament in Sofia gestürzt worden war.

KOMMENTARE (1)

Anna Gruber

Da wir nicht wollen, daß der Russische, Chinesische und Türkische Einfluss am Balkan stärker wird, ist es wichtig, daß unser Bundeskanzler Nehammer sich beim Brüssler EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs für die betroffenen Länder einsetzt.
Antworten