Eigentlich hätte der Donnerstag ein Tag zum Feiern sein können. Auf diesen Tag genau vor fünf Jahren war David Brenner als LH-Stellvertreter und Landesfinanzreferent im Salzburger Landtag angelobt worden. Aber anstatt mit einem Glas Wein auf dieses Ereignis anzustoßen, saß Brenner am Abend mit Landeshauptfrau Gabi Burgstaller zusammen und beschloss seinen Rücktritt.
Verkündet hat er ihn dann gestern, Freitag.
Es ist ein Rücktritt auf Raten. Bis zur nächsten Landtagssitzung am 26. Jänner bleibt der SPÖ-Politiker und einstige Hoffnungsträger im Amt und arbeitet an der Aufklärung des größten Skandals, der Salzburg in den vergangenen Jahrzehnten heimgesucht hat. Danach ist er Privatmann. "Vielleicht werde ich Vizekassier in meiner Heimatsektion", meinte er, vielleicht werde er in zehn Jahren wieder Lust auf Politik verspüren. Aber dass er bei der vermutlich im Mai stattfindenden vorgezogenen Landtagswahl auf der SPÖ-Liste kandidiere oder in nächster Zeit eine politische Funktion anstrebe, schloss er aus.
Hatte Brenner noch bei der Landtagssitzung am Mittwoch einen schwer angespannten Eindruck gemacht, so wirkte er am Freitag bei der Ankündigung seiner Demission wie befreit. Jovial machte er die Runde und begrüßte die Journalisten mit Handschlag.
Dass er erst jetzt, eine Woche nach Auffliegen des Skandals um möglicherweise 340 verspekulierte Millionen Euro, die politischen Konsequenzen zog, begründete er mit einem Zwei-Stufen-Plan. Von Anfang an habe er sich zwei Fragen gestellt: "Welchen Beitrag zur Aufklärung kann ich leisten?" Und: "Wie sehen die persönlichen Konsequenzen aus?"
Als seine erste Aufgabe habe er die Aufklärung begriffen. Am Donnerstag hat er von den Landtagsparteien im Finanz- und Überwachungsausschuss den Auftrag erhalten, bis zu den nächsten Ausschusssitzungen am 16. Jänner einen Bericht zu erstellen, der einen ersten Überblick über die Vorgänge in der Finanzabteilung und die möglichen Verluste bringen soll. "Ich werde bis dahin jede Stunde daran arbeiten, Klarheit zu schaffen", versicherte er. Aufklärung vor allem darüber, wie es laut Brenners Darstellung möglich war, dass eine einzelne Referatsleiterin über ein Jahrzehnt lang an allen Kontrollinstanzen vorbei regelwidrig hochriskante Finanzgeschäfte tätigte. Mit diesem Landtagsauftrag zum Bericht sieht Brenner nun seinen Beitrag zur Aufklärung des Falls und zur Schadensbegrenzung für das Land gewährleistet.
Womit für ihn der Weg für politische Konsequenzen frei geworden ist, wie er sagte. Er habe daher Donnerstagabend der Landeshauptfrau und SPÖ-Vorsitzenden seinen Rücktritt angeboten: "Es war ein Gespräch von über zwei Stunden. Sie hat das letztlich so gesehen wie ich."
Er wisse, dass sein Rücktritt wegen der Dimension des Skandals notwendig sei, bekannte Brenner. Er sei aber "auch der Meinung, dass es meine Partei nicht verdient hat, zum Hauptschauplatz eines Skandals zu werden, den sie in der Form nicht verursacht hat".
Geradlinigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Vertrauen - das seien die Werte, auf die sich sein Politikverständnis gründe, sagte Brenner. Mit seinem Schritt hoffe er, "den Menschen wieder Vertrauen in die Politik zu geben".
Auf die Frage, was er im Rückblick anders machen würde, antwortete Brenner: "Meine größte Lehre ist, mit dem Vertrauen, das man schenkt, noch vorsichtiger umzugehen." Und er lässt durchblicken, dass es ihm schwerfalle, zum Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, noch 100 Prozent Vertrauen zu haben - nach allem, was vorgefallen sei.
Auch Paulus will über all die Jahre nicht bemerkt haben, dass eine Untergebene hinter seinem Rücken unter Missachtung der Regeln mit Millionen jongliert hat. Paulus aber lehnt bis jetzt persönliche Konsequenzen ab (Seiten 4, 5). Gefragt, ob es dienstrechtliche Schritte gegen den Spitzenbeamten geben solle, spielte Brenner den Ball weiter an den Koalitionspartner ÖVP. Dort sei Sepp Eisl als Personalreferent zuständig.
Was postwendend zu einem Widerspruch aus dem Büro des Personallandesrats führte. Um dienstrechtliche Schritte einzuleiten, müsse zunächst eine "begründete Disziplinaranzeige" der Vorgesetzten des Beamten vorliegen. Und dieser direkte Vorgesetzte sei niemand anderer als David Brenner. Außer diesem sei noch die Landeshauptfrau als Chefin des inneren Diensts berechtigt, eine Disziplinaranzeige einzubringen.
In der Sache selbst hatte Brenner keine neuen Erkenntnisse. Unklar ist demnach weiterhin, wie hoch der Schaden für das Landesbudget tatsächlich ist. Auch die Existenz von 380 Millionen Euro "Reserve", von denen die entlassene Referatsleiterin über ihren Anwalt berichtet hatte, konnte der Politiker nicht bestätigen. Auf die Frage, ob es denn denkbar sei, dass am Ende der Untersuchungen herauskomme, dass es gar keine Verluste gebe, antwortete Brenner: "Das wäre Spekulation", und darauf wolle er sich nun wahrlich nicht einlassen.
Wer dem scheidenden LHStv. David Brenner nachfolgen wird, darüber ist sich die SPÖ noch nicht im Klaren. "Wir werden das in Ruhe beraten, wir haben ja noch Zeit", sagte Landesgeschäftsführer Uwe Höfferer. Bis zur nächsten Landtagssitzung (vermutlich am 26. Jänner, Anm.) werde eine Entscheidung gesucht, erklärte der Landtagsabgeordnete.
Zu Gerüchten, wonach der derzeitige Soziallandesrat Walter Steidl oder Salzburgs Arbeiterkammer-Direktor Gerhard Schmidt infrage kämen, wollte Höfferer keine Stellungnahme abgeben. Der Nachfolger wird womöglich nur einige Monate im Amt sein, weil es vermutlich im Mai Neuwahlen geben wird und es dann möglicherweise zu einer Regierungsumbildung kommt.