Ins Finale ging am Mittwoch der spektakuläre wie rechtlich knifflige Prozess gegen eine 62-jährige Deutsche, die seit Montag wegen des Vorwurfs des Mordes vor einem Geschworenengericht Platz nehmen musste.
Die aus Ostberlin stammende Frau, ihren Angaben nach gelernte Krankenschwester, soll Anfang Juni 2017 in Mattsee ihrem 73-jährigen Liebhaber in dessen Haus sechs bis sieben rezeptpflichtige Schlaftabletten der Marke Halcion verabreicht haben.
Tags darauf war der Flachgauer tot; die 62-Jährige versteckte die Leiche in einer Biotonne in der Garage seines Hauses. Erst Ende Juni wurde der Tote entdeckt und die Frau verhaftet.
Laut Staatsanwalt Alexander Winkler mischte die Angeklagte in der Tatnacht ihrem Freund - sie hatte ihn erst im März 2017 via Internet kennengelernt - heimlich das Schlafmittel in ein Getränk, "weil ihr die Sexspiele mit ihm zu viel geworden waren", so Winkler.
Nachsatz: "Sie wollte dem Freund, der damals nach bereits mehrstündigem Liebesspiel weiter Sex haben wollte, mit den Tabletten außer Gefecht setzen." Dieser sei infolge des Tablettenwirkstoffs, dessen Wirkung sich durch seine Alkoholisierung noch verstärkt habe, in tiefe Bewusstlosigkeit gefallen. Und Stunden später tot gewesen. Bemerkenswert diesbezüglich:
Der Staatsanwalt hatte die 62-Jährige bereits Anfang 2018 angeklagt - aber nicht wegen Mordes, sondern wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung mit tödlichem Ausgang. Weil aber im darauffolgenden Prozess im Mai das damals zuständige Schöffengericht im Handeln der 62-Jährigen den Verdacht auf vorsätzliche Tötung (= Mord) ortete, kam es zu einem Unzuständigkeitsurteil durch den Schöffensenat.
Zur Erklärung: Für eine vorsätzliche Tötung ist ein Geschworenengericht zuständig, weshalb der Prozess nun am Montag aufgerollt wurde - und zwar vor einem Geschworenensenat unter Vorsitz von Richter Philipp Grosser.
Auch im jetzigen Verfahren bekannte sich die 62-Jährige, in Deutschland vielfach wegen Vermögensdelikten vorbestraft, nur der fahrlässigen Körperverletzung für schuldig: Sie habe ihm die Tabletten gegeben, "damit er endlich schläft".
Als sie tags drauf merkte, dass ihr Freund tot sei, habe sie Panik bekommen. Verteidiger Johann Eder: "Sie hätte null Motiv für einen Mord gehabt. Es war ein Unfall."
Im Schlussplädoyer ging auch Staatsanwalt Winkler nicht von Mord, sondern weiterhin von Körperverletzung mit Todesfolge aus. "Sie nahm eine Gesundheitsschädigung des Opfers in Kauf, aber sie wollte ihn nicht töten."
Die Geschworenen verneinten eine Mordabsicht und sprachen die Angeklagte einstimmig wegen Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Die Frau erhielt sieben Jahr Haft. Ins noch nicht rechtskräftige Urteil flossen auch Schuldsprüche wegen Störung der Totenruhe und diverser Vermögensdelikte ein.