Sie tragen Stichschutzwesten und olivgrüne Overalls aus strapazfähigem Nomex. Alle haben schwarze Handschuhe und schwarze, feste Stiefel an. Die Sonne brennt vom Himmel und sie müssen in dieser Montur Temperaturen um die 30 Grad trotzen. Sie haben Schweißperlen auf der Stirn, zumindest blendet sie die Sonne nicht, sie haben ja schwarze Schirmmützen auf.
Es ist Freitag, Punkt 12 Uhr, auf dem Gelände einer ehemaligen Kiesgrube an der Berchtesgadener Straße in Bad Reichenhall, wo ein Fachmarktzentrum errichtet werden soll. Dort, in diesem von Gebüsch überwucherten Areal neben einer aufgelassenen Tengelmann-Filiale, könnten möglicherweise Brieftaschen beziehungsweise Handtaschen jener beiden Überfallsopfer liegen, die in der Nacht auf Montag von einem unbekannten Gewalttäter attackiert worden waren.
Der 73-jährige pensionierte Malermeister Alfons S. hat den brutalen Angriff nicht überlebt, eine 17 Jahre alte Frau musste mit zahlreichen Schnitt- und Stichverletzungen in die Intensivstation des Salzburger Landeskrankenhauses gebracht werden.
Der 73-Jährige starb in der Poststraße im Stadtzentrum. Der Überfall auf die 17-Jährige ereignete sich am Stadtrand - und dort schwärmen am Freitag Polizeischüler, Bereitschaftspolizisten und Zivilfahnder aus. Unterstützt werden sie dabei von zwei Mitarbeitern des Reichenhaller Stadtbauamts. Die beiden Männer haben ihre Motorsägen und Motorsensen mitgebracht und bahnen den Polizisten einen Weg durch das Gestrüpp.
Reiter haben einen guten ÜberblickAn der Saalach sind ebenfalls Polizisten im Einsatz. Berittene Beamte patrouillieren dort, sie reiten die Böschungen ab. Das tun sie nicht aus Bequemlichkeit: Im Sattel sitzend haben die Polizisten einen guten Überblick von oben auf ihr Einsatzgebiet.
Tauchgruppen sind ebenfalls ausgerückt. Sie suchen in der Saalach nach jenen Gegenständen, die den beiden Überfallsopfern gehört haben. Die Polizei nimmt an, dass der Täter die Taschen weggeworfen hat - nur wo, kann natürlich niemand wissen. Daher sind das abzusuchende Gebiet sowie der Personalaufwand entsprechend groß. Die Suche gilt aber auch der Tatwaffe, einem Messer beziehungsweise einem Dolch. Der Täter hat seinen beiden Opfern Stichverletzungen zugefügt. Doch die Suche nach den Beweisstücken blieb am Freitag noch ohne Ergebnis.
17-Jährige bereits befragtMittlerweile konnten die ermittelnden Kriminalisten aber das 17-jährige Überfallsopfer im Salzburger Krankenhaus erstmals befragen. Über den Inhalt dieses Gesprächs wollte die Polizei am Freitag aus kriminaltaktischen Gründen nichts mitteilen. Jürgen Thalmeier, der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim, sagte jedoch, dass die Polizei in den kommenden Tagen möglicherweise ein Phantombild des gesuchten Täters erstellen könnte.
Das würde den Fahndungsdruck auf den Kriminellen weiter erhöhen. Die Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung sei mittlerweile auf 160 angewachsen, sagte Thalmeier. Jedem dieser Hinweise werde nachgegangen, die zuständige Sonderkommission "14. Juli" der Kriminalpolizei Traunstein ist bereits auf 40 Beamte aufgestockt worden.
"Es gab an beiden Tatorten diesselben Spuren"Fest stehe, dass beide Überfälle von ein und demselben Täter verübt worden seien, erklärte Thalmeier weiter: "Es gab an beiden Tatorten dieselben Spuren, die auf einen Täter hinweisen."
Aber der ist eben nach wie vor nicht gefasst. Die Polizei trat am Freitag Meldungen entgegen, die auf Facebook die Runde machten: Die Polizei habe, so wurde kolportiert, einen Verdächtigen festnehmen können. "Es wurden im Laufe dieser Woche mehrere Personen zu Befragungen in Dienststellen gebracht", hieß es dazu im Polizeipräsidium in Rosenheim. Befragt worden sollen Jugendliche sein, die wegen Gewaltdelikten amtsbekannt sind. Einen konkreten Tatverdächtigen gebe es aber noch nicht.
Einer dieser Befragten soll jener junge Mann sein, der in der Tatnacht in Reichenhall damit geprahlt hatte, jemanden umbringen zu wollen. Thalmeier: "Dieser Mann hat aber mit den Überfällen nichts zu tun."