Hermann Rechberger gefällt der Satz nicht. Aber er muss ihn sagen: "Wir ermitteln in alle Richtungen." Den obersten Verfassungshüter des Landes stört der Satz, weil er eine gewisse kriminalistische Hilflosigkeit ausdrückt. Die sei aber nicht vorhanden, versichert Rechberger. "Ich bin recht zuversichtlich, dass wir den oder die Täter überführen."
Worum geht es? Erneut wurde am Wochenende bekannt, dass etliche der Stolpersteine, beschmiert wurden, welche in der ganzen Stadt in das Pflaster eingelassen sind. Die Messingquader, die an Opfer des NS-Terrors erinnern sollen, wurden offenbar aus "politischen Gründen geschändet", wie es heißt. Rund 70 solcher Steine haben Vandalen mit Farbe oder einer teerartigen Substanz beschmiert, ein Verdächtiger sitzt in U-Haft. Jedoch gehen die Taten seit Ende Juli weiter. Was zu der Frage führt, wie groß das Problem Salzburgs mit dem rechten Rand ist.
Hermann Rechberger, Chef des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, hält diese Frage für "schwer zu beantworten". Jedoch: "Wir haben eine Szene, die da ist und die sich nicht wegreden lässt." Im Bundesland, schätzt Rechberger, seien es wohl nicht mehr als 50 Personen, die im engeren Sinn als "rechtsextrem" zu bezeichnen seien. Wobei kaum festzustellen sei, wie "rechts" in deren näherem und weiterem Umfeld gedacht werde. Mehrere Dutzend Hausdurchsuchungen führt die Polizei jedes Jahr durch, um in Salzburger Wohnungen, Kellern und Lokalen Nazi-Devotionalien sicherzustellen - vom Hitler-Wein bis zur Reichskriegsfahne.
Jener 20-Jährige, welcher derzeit im Untersuchungsgefängnis auf eine Anklage wegen Wiederbetätigung wartet, dürfte nicht ganz untypisch sein. Als gering gebildet, wenig reflektiert, durchaus mit Hang zur Trinkfestigkeit wird er beschrieben. Nun drohen ihm, theoretisch, bis zu zehn Jahre Haft. Wobei eine unbedingte Haftstrafe realistisch erscheint.
"Bestürzend" findet es Rechberger, dass dieser Typus seinen Judenhass in der Einvernahme meist nicht leugne, sondern offen dazu stehe. Und so sei es auch in diesem Fall gewesen. "Es geht teils um den Hass auf den Islam, teils um Antisemitismus. Es gibt schon Ansprechpartner, welche frustrierte und wütende junge Männer mit Propagandamaterial versorgen. Aber eine organisierte Struktur, mit einem Bandenführer und Unterführern, das haben wir in Salzburg nicht nachweisen können", lautet Rechbergers Bericht.
Deshalb hält die Polizei es auch für plausibel, dass die derzeit aktiven Vandalen Nachahmungstäter sind oder aus dem Bekanntenkreis des Verhafteten stammen.
Rechte Umtriebe beschäftigen die Polizei eigentlich das ganze Jahr über: Da gibt es einmal nazistische Graffiti in Oberndorf, dann wieder eröffnet in der Salzburger Augustinergasse eine "Odins Bar". Dort etwa wurden monatelang Lieder von Bands wie den "Zillertaler Türkenjägern" gespielt. Bereits Jahre zurückliegende "Heil Hitler"-Rufe von Rekruten in der Schwarzenbergkaserne machten ebenso Schlagzeilen wie aktuelle einschlägige Postings im Internet - sie richteten sich gegen Roma-Familien, die ihre Camps in mehreren Gemeinden aufgeschlagen hatten. Was teils zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Einheimischen führte.
Übrigens ist laut Rechberger das soziale Netzwerk Facebook ein Kommunikationsschwerpunkt für rechts-rechte Gesinnungen. Auch die Nachrichten rund um die Stolperstein-Beschmutzungen werden dort teils hämisch kommentiert.
Jedoch gibt es auch Positives zu sagen: Körperliche Gewalt gegen Ausländer oder Juden wird in Salzburg zumindest offiziell nicht registriert. Und eine Art rechtsradikale Intelligenz-Elite, so etwas wie Führungskader, tritt nicht in Erscheinung. "Solche Leute würden wohl ungern von Österreich aus operieren, wo das Gesetz streng ist", sagt Rechberger. Zwar gebe es schlagende Studentenverbindungen und rechte politische Jugendorganisationen - diese hätten wohl aber keine "Steuerungsfunktion" für rechtsextreme Kreise.
Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) hat nun gemeinsam mit Baustadträtin Claudia Schmidt (ÖVP) zumindest eine praktische Maßnahme abgesegnet: Die Adneter Firma Nanopool wird die Stolpersteine mit einer glasartigen Schutzschicht überziehen - sodass Schmierereien zumindest leichter abzuwaschen sind. "Wir haben kein Naziproblem", sagt Schaden. "Aber einen ausgschamten rechten Rand."