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Wege aus der Schuldenfalle

Seit 20 Jahren gibt es nun die Schuldenberatung in St. Johann. Die Nachfrage nach professioneller Hilfe aus der Schuldenfalle wächst.

Doris Rumplmair von der Schuldenberatungsstelle in St. Johann.
Doris Rumplmair von der Schuldenberatungsstelle in St. Johann.

Das Abrutschen in die Schuldenfalle, das geht oft schnell, schildert Doris Rumplmair von der Beratungsstelle in St. Johann:

Eva B., Mitte 40, drei halbwüchsige Kinder, die eine Schule besuchen bzw. in der Ausbildung stehen, ist seit ihrer Scheidung vor einigen Jahren alleinerziehend. Sie arbeitet sehr fleißig und hat sich nach oben gearbeitet - trotzdem, ihre Schulden kann sie nicht mehr zurückzahlen. Sie haftet für etwa 40.000 Euro. Hierbei handelt es sich um eine Bürgschaft für den Ex-Mann, denn seit der nicht mehr zahlt, muss sie zahlen. Dazu kommen Schulden, die sie selbst verursacht, um sich und vor allem die Kinder zu versorgen: bei Versandhäusern, Handy-Anbietern, aber auch Kosten für Zahnbehandlung bzw. Zahnspangen in nicht unbeträchtlicher Höhe. Eva B. hat einfach den Überblick verloren. Einen Teil dieser Schulden wird sie zurückzahlen, dies sieht das Gesetz vor und das kann sie auch schaffen, nach fünf Jahren wird sie mit dem Plan der Schuldenberatung schuldenfrei sein.

"Natürlich gibt es noch schlimmere Schicksale, aber eine Entschuldung, wie das Beispiel von Frau B. zeigt, schaffen viele. Für die Betroffenen bringt es eine neue Perspektive und letztlich auch wieder eine normale Teilnahme am gesellschaftlichen Leben mit sich."

Die Schuldenberatung in St. Johann gibt es mittlerweile seit 20 Jahren. Im vergangenen Jahr wurden etwa 470 Menschen bei der Abwicklung ihrer Schulden unterstützt und bei 51 Verhandlungen vor Gericht vertreten. Durchschnittlich bräuchten diese etwa drei bis vier Beratungseinheiten samt einem Gerichtstermin.

"Wir beraten mehrheitlich Männer, das Verhältnis beträgt hier etwa 60:40. Im Schnitt stehen die Klienten der Schuldenberatung mit 112.000 Euro im Minus."

Anstieg der Privatkonkurse

Bei den Privatkonkursen steige die Beratungstätigkeit permanent, da seit November 2017 bei Privatinsolvenz die Betroffenen keine Mindestquote von zehn Prozent mehr an ihre Gläubiger zahlen müssen.

Zusätzlich wurde die Zeitdauer der Entschuldung von sieben auf fünf Jahre verkürzt. "Das ist jetzt eine große Erleichterung für die Betroffenen, da sich unter den Verschuldeten auch häufig Niedrigverdiener wie Alleinerzieherinnen oder Mindestpensionisten bzw. auch ehemalige Unternehmer mit sehr hohen Schulden finden. So ist die Chance auf Entschuldung tatsächlich gegeben."

Die Ursachen der finanziellen Probleme der Betroffenen sind vielfältig. Mangelnde Kenntnisse im Umgang mit Finanzprodukten und abgebrochene Berufsausbildungen erhöhen grundsätzlich das Risiko. Kommt eine Arbeitslosigkeit oder Scheidung dazu, führt dies oft zu einer Überschuldung. Daneben sind fast ein Viertel der Betroffenen Ex-Selbstständige, deren Geschäftsidee sich nicht durchsetzen konnte.

Doris Rumplmair sieht auch regionalspezifische Besonderheiten: "Es macht einen Unterschied, ob ich am Land oder in der Stadt berate. Die Themen und Probleme unterscheiden sich. Haus- und Autokauf finden sich häufiger als Verschuldensursache am Land. Viele Menschen arbeiten saisonal überwiegend im Tourismus oder in der Baubranche. Wenn es zwischen den Saisonen keine Arbeit gibt, steht auch weniger Geld zur Verfügung." Die Wartezeit für einen Beratungstermin (kostenfrei und anonym) liegt derzeit bei etwa zwei Wochen. Falls notwendig, werden dringende Fragen auch bereits vorher am Telefon besprochen.

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