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Eine "Tetsch’n" im Streit um die Mur

Ein ÖVP-Funktionär teilt eine Ohrfeige aus, der SPÖ-Gemeinderat beschimpft ihn wüst: In Ramingstein liegen die Nerven blank.



Es ist Samstagabend und Bernhard Kendlbacher ist gerade auf dem Heimweg vom alljährlichen Faschingsumzug in Ramingstein. Der SPÖ-Gemeinderat und AK-Bezirksstellenleiter hat dort bei der Musikkapelle mitgespielt. Dort trifft er auf einen ÖVP-Gemeindevertreter, mit dem er ein paar Tage vorher bei einer Bürgerversammlung zum geplanten Murkraftwerk bereits heftig diskutiert hatte.

Dann kommt es zu einem Ereignis, das in Ramingstein wohl als "besoffene Geschichte" abgetan würde , hätte es zu einer anderen Zeit mit zwei anderen Personen stattgefunden.

Der ÖVP-Gemeindevertreter kommt auf Kendlbacher zu, schreit ihn kurz an und verpasst ihm eine kräftige Ohrfeige. So schildert es zumindest Bernhard Kendlbacher vier Tage später bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Er sitzt gemeinsam mit seinem Präsidenten Siegfried Pichler auf dem Podium.

"Eigentlich wollte ich keinen Wind um die Sache machen", sagt Kendlbacher. Er habe von einer Anzeige vorerst abgesehen. "Ich dachte mir wenn er sich entschuldigt, dann lassen wir das." Als es am nächsten Tag keine Reaktion gab, erstattete Kendlbacher doch Anzeige bei der Polizei.

Der ÖVP-Mann zeichnet im SN-Gespräch ein anderes Bild des Vorfalles: Seine Lebensgefährtin habe gerade ihr drittes Kind bekommen, er sei "komplett nüchtern" im Wirtshaus gesessen. Kendlbacher habe ihn durch die Fensterscheibe provoziert. "Von seinen Lippen habe ich abgelesen was er gesagt hat". Daraufhin sei er nach draußen gegangen und habe ihn gefragt was sein Problem sei. Kendlbacher habe ihn dann als "elendige Bauernsau" bezeichnet. Da sei ihm die Ohrfeige ausgerutscht. "Das gebe ich auch zu".

Bei dieser Posse aus der Lokalpolitik wollte es AK-Präsident Siegfried Pichler nicht belassen. Als er am Dienstag von dem Vorfall erfuhr, entschloss er sich sofort dazu, die Medien zu informieren. Eine "Tetsch’n ins Gesicht" hätte Kendlbacher verpasst bekommen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es bei uns möglich ist, die Meinungsfreiheit mit Gewalt einzuschränken", sagt der AK-Präsident.

Er erwarte sich nun eine Distanzierung der ÖVP, der Mann solle sein politisches Amt nicht mehr ausüben. "Schlagende Mandatare haben in einer öffentlichen Institution nichts verloren."

ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Mayer sieht den Vorstoß der AK zu dem Thema als einen Versuch, aus der Sache ein Politikum zu machen. "Selbstverständlich lehnt die ÖVP jede Form der Gewalt ab", vermeldet Mayer in einer Aussendung. Ebenso sei aber die Diffamierung eines gesamten Berufsstandes zurück zu weisen. Zwei erwachsene Lungauer sollten so einen Streit ohne Pressekonferenz lösen können.

Als Wahlkämpfer will sich Pichler in der Angelegenheit nicht verstanden fühlen. Es gehe ihm auch nicht um die Frage pro oder kontra Murkraftwerk. "Es geht mir nur um Gewaltanwendung, die nicht toleriert werden darf."

Pichler spricht auch von einer aufgeheizten Stimmung in Ramingstein und Umgebung. "Viele Menschen trauen sich dort ihre Meinung zum Murkraftwerk nicht zu sagen."

Kendlbacher spricht bei der Gelegenheit auch von besagter Bürgerversammlung, bei der er mit dem ÖVP-Funktionär aneinander geraten war. "Es wurde sehr viel geschrien, die Stimmung war aggressiv".

Prinzipiell gäbe es aber eine gute Stimmung in der Gemeindevertretung. Und auch in punkto Murkraftwerk sei man sich einig. "Mein Standpunkt war nur, dass wir uns überlegen sollten, welchen Nutzen wir aus dem Murkraftwerk ziehen können, sollte es doch gebaut werden."

Eine "Tetsch’n" im Streit um die  Mur
Eine "Tetsch’n" im Streit um die Mur

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