Knapp 5000 Menschen leben im Land Salzburg in Pflegeheimen. Die blitzartige Abschaffung des Pflegeregresses bringe das Land in finanzielle Schwierigkeiten, sagt Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Abschaffung sei grundsätzlich sehr zu begrüßen, sagt er. Und warnt gleichzeitig: Die 100 Millionen Euro, die der Bund den Ländern als Ersatz in Aussicht gestellt habe, reichten aber nicht aus, um den Entfall der Einnahmen und die zu erwartenden steigenden Ausgaben abzugelten. Nach Salzburg würden von dieser Ausgleichssumme sechs Millionen Euro fließen, sagt Schellhorn. Dem Land entstünden aber Kosten von 20 Mill. Euro. Unter dem Strich klaffe also eine Lücke von 14 Mill. Euro.
"Die Wartelisten in den Heimen werden länger werden"
Schellhorn rechnet damit, dass ein Ansturm auf die Seniorenheime einsetzen wird. Falle die Angst weg, das angesparte Vermögen zu verlieren, werde das die Nachfrage nach Heimplätzen in die Höhe treiben.
Allerdings: Die Heime sind voll. "Die Wartelisten werden länger werden", prognostiziert der Landesrat. In Kärnten habe nach der Abschaffung des Angehörigenregresses, also dem Zugriff auf das Vermögen der Kinder, ein Run auf die Heime eingesetzt. "Dort wollten um zehn Prozent mehr Leute einen Platz."
Das Land habe die Bedarfsplanung bis zum Jahr 2025 längst abgeschlossen. 400 zusätzliche Plätze seien nach derzeitigen Berechnungen nötig. Zugrunde liegen der Kalkulation die demografische Entwicklung und die rechtlichen Rahmenbedingungen - die sich nun mit der Abschaffung des Pflegeregresses ändern.
Immer mehr Menschen brachten ihr Vermögen in Sicherheit
Ab 2018 kann das Land nicht mehr auf das Vermögen oder Immobilienbesitz zugreifen, wenn die Pension und das Pflegegeld nicht ausreichen, um die Heimkosten abzudecken. Unangetastet bleiben derzeit lediglich 5235 Euro. Kommendes Jahr wird das Land dieses "Schonvermögen" auf 7500 Euro anheben. "Sicher" vor dem Zugriff des Staates ist das Privatvermögen nur dann, wenn es fünf Jahre vor dem Einzug ins Heim vererbt wurde. Was zur Folge hat, dass immer mehr Menschen ihr Vermögen rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Im Bundesland sind derzeit nur 30 Prozent der Seniorenheimbewohner Selbstzahler, in 70 Prozent der Fälle springt die öffentliche Hand ein. 115,5 Mill. Euro schossen das Land und die Gemeinden im Vorjahr zu.
Mit Mehrkosten und Verschiebungen in der Pflegelandschaft rechnet auch Salzburgs Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ). "Die städtischen Seniorenwohnheime, aber auch die privaten, werden einen stärkeren Zulauf haben." Es sei auch mit einer gewissen Verlagerung von der 24-Stunden-Pflege in die Seniorenhäuser zu rechnen.
Derzeit ist die 24-Stunden-Pflege im Vergleich zum Heim günstiger. Bekommen künftig alle Heimbewohner Mindestsicherung, wenn das Geld für die Heimkosten nicht reicht, wird sich das ändern. Hagenauer glaubt dennoch nicht, dass dies das Aus für die 24-Stunden-Pflege bedeutet. "Die Menschen brauchen je nach ihren Bedürfnissen verschiedene Angebote, nicht jeder möchte ins Seniorenwohnheim." Im Bundesland nutzen derzeit knapp 1500 Menschen diese Form der Pflege. Hagenauer plädiert für die rasche Einführung einer verpflichtenden Pflegeversicherung. "Ich halte das für die vernünftigste Lösung, um das Pflegesystem langfristig zu finanzieren."
Der Wunsch nach Betreuung zu Hause ist stark
Stimme die Qualität der Betreuung, überwiege der Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu bleiben, auch wenn das mehr koste, sagt Caritas-Direktor Johannes Dines. "Das ist ein sehr starkes Motiv." Er könne sich aber vorstellen, dass die Angehörigen von Menschen mit sehr hohem Pflegebedarf dem Heim den Vorzug geben werden.
2016 wurden im Bundesland erstmals mehr Menschen ambulant zu Hause betreut als stationär in Heimen. Hauskrankenpflege und Haushaltshilfe sind aus Einkommen und Pflegegeld zu bezahlen. Die mindeste Eigenleistung beträgt 30 Euro im Monat. Je nach Einkommen gewährt das Land Zuschüsse. Im Vorjahr flossen dafür 28,5 Mill. Euro.
Die Nachfrage nach mobilen Diensten steige seit Jahren stark an, betont Daniela Gutschi, Geschäftsführerin des Salzburger Hilfswerks. "Ich glaube nicht, dass jetzt plötzlich alle ins Seniorenheim drängen, die Leute wollen so lange wie möglich zu Hause bleiben." Es sei aber zu hinterfragen, ob der Privatzahlertarif aufrechtzuerhalten sei. Generell brauche es mehr Angebote, um pflegende Angehörige zu unterstützen. "Nur so können wir einen Run auf Pflegebetten verhindern, die wir nicht haben."