Ein guter Tag beginnt mit einem ausgeglichenen Gemüt. Diesem Motto folgend, startet Salzburgs neue Landesregierung den Tag ihrer Angelobung spirituell: mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Salzburger Michaelskirche am Mittwoch, Punkt acht Uhr.
Mit dabei übrigens nicht nur die christlich-sozialen ÖVP-Politiker aus Regierung und Landtag. Auch Salzburgs Grüne sind in Masse keinesfalls antiklerikal. LH-Stv. Astrid Rössler singt im Kirchenchor, Klubchef Cyriak Schwaighofer war Ministrant und LAbg. Kimbie Humer-Vogl ist Pfarrgemeinderätin in Neualm.
In die Kirche sind Geistliche aus sechs Glaubensrichtungen gekommen, um den Spitzenpolitikern noch einmal ins Gewissen zu reden. "Die Bergpredigt als Regierungserklärung", lautet denn auch das Generalthema. Verbunden mit dem Appell, den Wahlkampf hinter sich zu lassen: "Jesus ächtet den Zorn und ruft zur Versöhnung auf, ihm geht es um die Feindesliebe", heißt es in einer Predigt. Und, zum Thema Koalitionstreue: "Für Jesus war auch flirten schon ein Ehebruch."
Fast zuletzt kommen die Fürbitten - in einer Art, wie sie sonst eher selten zu hören sind. Jedoch scheint die Pleite des Alpine-Konzerns ihre Schatten in den Altarraum zu werfen: "Wir bitten dich, dass unsere Arbeitsplätze sicher sind und ausgebaut werden können." Und dann, vielleicht inspiriert vom Finanzskandal: "Gott, schenke den Politikern Weisheit und Mut zur Wahrheit."
Um 9 Uhr führt der Weg der politischen Karawane ins Freie und dann in den Plenarsaal des Chiemseehofs. Wo schon der Landeschor für Ständchen übt, die er in den kommenden Stunden noch bringen wird. Begleitet wird der Tross auch hier von der hohen Geistlichkeit unter der Führung von Generalvikar Hans Jörg Hofer.
Der Herrgott spielt auch im Landesparlament noch eine Rolle: "Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe" - mit diesem Zusatz zur Eidesformel geloben vor allem die ÖVP-Abgeordneten ihrem Heimatland "unverbrüchliche Treue".
Dazwischen tummeln sich Dutzende Journalisten und Fotografen im Sitzungssaal, die Publikumsränge sind voll besetzt. Alt-LH Franz Schausberger (ÖVP) ist da, mehrere Spitzenbeamte, Kammerfunktionäre, Angehörige der Politiker. Mittlerweile hat sich auch die grüne Bundesparteichefin Eva Glawischnig als Gratulantin eingefunden. Wenigstens an diesem Tag dreht sich alles um den Landtag. Jene Legislative, die sonst leider "nicht mehr der zentrale Ort der Politik" ist, wie dessen neue Präsidentin Brigitta Pallauf (ÖVP) in ihrer Rede bemerkt. Wie sonst könne es sein, dass wichtige Themen schon in Pressekonferenzen besprochen würden, bevor der Landtag sie überhaupt debattiert habe? Doch nun soll das anders werden, dafür will Pallauf sich einsetzen. Auch das sei ein Kernziel dieser neuen Regierung.
Jetzt aber steht erst einmal der Einzug des Landeshauptmanns und seiner sechs Regierungsmitglieder an. Emotional die Rede von Wilfried Haslauer. Mut brauche man jetzt, sagt er, auch weil alles so neu sei, und die Herausforderungen so groß. "Kann das gutgehen?", fragt er sich zum Schein selbst, und bejaht. Zur Not helfe immer noch eine Geheimwaffe: der Gugelhupf seiner Lebensgefährtin Christina. In Richtung seiner Vorgängerin Gabi Burgstaller räumte Haslauer ein, sie habe "eine neue Qualität der Begegnungskultur" geschaffen - was immer das heißen mag.
Heiß diskutiert wird das Thema "Macht": Walter Steidl - als SPÖ-Chef nun auch Oppositionsführer - rechnet vor, dass 90 Prozent des Geldes, und damit der Macht, von schwarzen Politikern verwaltet werde. Damit stünden die Grünen nun weitgehend machtlos da, das Regierungsprogramm sei ÖVP-lastig mit ein bisschen "grünem Schnittlauch". FPÖ-Klubobmann Karl Schnell sah es wiederum so: Die Grünen hätten sich von ihren Kernthemen verabschiedet, um an die Macht zu kommen.
LH-Stv. Astrid Rössler riet beiden Politveteranen zu ein wenig zum Umdenken: "Es geht bei der Gestaltung von Zukunft nicht um Macht und Geld, sondern um Werte wie Lebensqualität, Chancengleichheit und den sorgsamen Umgang mit der Natur, Ressourcen und Lebensraum", sagte sie.
Nach Reden aller fünf Fraktionschefs ist der angenehme Teil des Tags vorbei. Die neue Landesregierung wechselt ins Sitzungszimmer. Und berät, quasi als erste Amtshandlung, wie mit der Groß-Insolvenz des Baukonzerns Alpine umzugehen ist.