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Rathgeber: "Komisch, dass keiner je nachgefragt hat"

Monika Rathgeber gilt als Hauptbeschuldigte im Finanzskandal. Nun hat sie darüber ein Buch geschrieben. Es sollte keine Abrechnung werden, sagt sie - doch genau das ist herausgekommen. Rathgeber im SN-Interview.



Gegen sie ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Betrugs- und Untreueverdacht. Monika Rathgeber ist jedoch fest überzeugt, nichts Falsches getan zu haben. Auch berichtet sie im SN-Gespräch über Depressionen, den Tod ihres Hundes und mögliche Heiratspläne.

SN: Frau Rathgeber, gegen Sie wird wegen des Verdachts schwerer Gesetzesverstöße ermittelt. Wieso schreiben Sie gerade jetzt ein Buch, anstatt sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten?

Rathgeber: Viele Freunde haben mir geraten, alle meine Erlebnisse aufzuschreiben. Als ich dann fertig war, waren sich alle einig: Das müsste als Buch erscheinen. Und ich kenne einen benachbarten Verleger im Innviertel, der fand den Stoff sehr spannend. Ich mache das sicher nicht, weil ich damit reich würde. Das Schreiben war für mich eine Art, das alles seelisch zu bewältigen.

SN: Sie haben nach Auffliegen des Finanzskandals an schweren Depressionen gelitten. Sind die noch da?

Rathgeber: Es geht besser. Zu Beginn habe ich nicht mehr vom Bett aufstehen können. Ich wollte nur noch schlafen und nicht mehr aufstehen. Ich konnte einfach nicht glauben, was mir da passiert ist, ich bin zu meinen Eltern ins Innviertel geflohen. Auf einmal waren auch all die falschen Freunde weg - nur die echten, die sind geblieben.

SN: Haben Sie psychiatrische Hilfe in Anspruch genommen?

Rathgeber: Nein, außer dem Schreiben haben mir vor allem Spaziergänge in der Natur geholfen. Und meine Familie. Ich habe viel auf meinen kleinen Neffen und meine Nichte aufgepasst. Da kommt man nicht dazu, an etwas anderes zu denken, und das ist gut so.

SN: In Ihrem Buch bleiben Sie bei ihrer Verteidigung: All die Finanzgeschäfte seien nie ein Geheimnis gewesen - und als die Politik diese auflösen wollte, hätten Sie das verhindern wollen. Und wurden so zum Sündenbock. Kann man es so zusammenfassen?

Rathgeber: Das ist etwas verkürzt. Vor allem habe ich die politischen Folgen nicht ahnen können. Ich war naiv.

SN: Jetzt einmal ganz konkret: Diese milliardenschweren Darlehen, diese Veranlagungen - Sie behaupten, die seien gar nicht geheim gewesen?

Rathgeber: Es war sicher nicht Absicht, mit etwas hinter dem Berg zu halten. Wie auch? Die Politik hat verlangt, mit Anlagen bis zu 17 Millionen Euro im Jahr Gewinn zu machen. Wie hätte das funktionieren sollen? Das ist so scheinheilig.

SN: Also glauben Sie wirklich, in der Regierung, im Landtag, haben alle genau gewusst, was Sie da jahrelang getan haben?

Rathgeber: Wir haben uns im Finanzmanagement schon gewundert, dass keiner je wirklich nachgefragt hat. Es hätte schon jemand fragen können: "Ihr habt's da so ein Riesenvermögen - was macht's ihr mit dem Geld?" Es war dann aber auch nicht so, dass wir von uns aus solche Dinge veröffentlicht hätten. Mein Abteilungsleiter und mein Kollege kannten natürlich das volle Volumen der Veranlagungen. Ob der Finanzreferent den vollen Umfang der Geschäfte kannte, weiß ich nicht. Und schon gar nicht, was an die Landeshauptfrau und die restliche Regierung weitergegeben wurde.

SN: Aber es gab doch Anfragen im Landtag - und da hat es geheißen, es wird nicht spekuliert.

Rathgeber: Ich war auch überrascht, welche Panik solche Anfragen ausgelöst haben. Es gab natürlich verschiedene Rechnungskreise. Wie den Versorgungs- und Unterstützungsfonds, Veranlagungen waren auch im Wohnbaufonds. Diese Differenzierung war sicher schwierig zu kommunizieren.

SN: Also haben Sie eigentlich gar nichts falsch gemacht?

Rathgeber: Ich habe Unterschriften meines Kollegen in Empfangsbestätigungen einkopiert - das war ein Fehler. Ich hätte mir vielmehr schriftlich geben lassen sollen und mich nicht auf mündliche Vereinbarungen verlassen. Ich hätte mehr kommunizieren sollen.

SN: Es hieß, Sie wären der Spielsucht verfallen. Sind Sie?

Rathgeber: Sicher nicht. Es hat mich natürlich belastet, wenn Werte sich schlecht entwickelt haben. Es war ja nicht mein Geld, sondern es gehörte dem Land. Ich konnte dann nicht mehr ruhig schlafen. Aber ich hatte meine Aufgaben unter Kontrolle - auch wenn mir sicher Fehler passiert sind. Ich musste auch immer meinen Kopf für meine vielen anderen Aufgaben frei haben - als Spielsüchtige hätte ich das ja gar nicht mehr gekonnt.

SN: Trotzdem ist der Job,

den Sie hatten, mental extrem belastend gewesen.

Rathgeber: Natürlich. Man ist immer online. Die Märkte öffnen am Montag um drei Uhr früh, sie schließen am Freitag, 22 Uhr. Das Geschäft läuft 24 Stunden durch. Ich habe gewusst - wenn ich diese Aufgaben übernehme, wird das mein Leben verändern.

SN: Jetzt hat sich Ihr Leben erneut verändert. Wie soll es beruflich weitergehen?

Rathgeber: Ich weiß nicht, ob ich je wieder in der Finanzbranche arbeiten kann. Mein Ruf wurde ja ruiniert. Vielleicht fange ich etwas ganz anderes an. Ich kann gut mit Tieren umgehen - vielleicht arbeite ich in einer Zoohandlung oder einem Tierheim. Das Gehalt war mir sowieso nie besonders wichtig.

SN: Oder Sie heiraten, gründen eine Familie?

Rathgeber: Vielleicht, schwer zu sagen. Momentan ist mein Vertrauen in andere Menschen aber zu sehr erschüttert, als dass ich mich auf eine Beziehung wirklich einlassen könnte. Im Sommer ist ja mein Hund gestorben - jetzt habe ich einen neuen. Es ist ein Collie, sie heißt Leila.

Rathgeber: "Komisch, dass keiner je nachgefragt hat"
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