An den neuen Drehsesseln auf Rädern hängen noch die Etiketten des Herstellers, sie wurden erst Dienstagfrüh ausgepackt. Aber auch sonst ist im neu sanierten Landtagssitzungssaal im Chiemseehof alles anders. Am augenscheinlichsten ist die neue Sitzordnung. Der leicht erhöhte Vorsitz und die davor liegende Regierungsbank befinden sich nun an der Querseite des Raumes - mit Blick Richtung Fensterfront vor dem Innenhof. Die Abgeordneten und Bundesräte sitzen der Regierung nicht mehr ausschließlich frontal gegenüber. Ihre in zwei Reihen angeordneten Tischbänke verlaufen U-förmig durch den Raum und schließen jeweils links und rechts zu den äußeren Enden der Regierungsbank auf. Zurückhaltend, modern und geradlinig - das ist der neue Sitzungssaal.
Neu ist nicht nur die um 90 Grad gedrehte Sitzordnung im Landtagssaal, sondern auch der Zugang für Besucher. Das neue Sicherheitskonzept sieht vor, dass sie im Erdgeschoss ihre Garderobe und Rucksäcke abgeben. Die Türen zu den Büros wurden mit einem Schließsystem ausgestattet, das sich nur mit einer Zugangskarte öffnen lässt. Und: Der Innenhof des Chiemseehof-Komplexes wird künftig autofrei sein. "Das haben wir jetzt während der zweijährigen Bauphase geübt und das wollen wir beibehalten", bekräftigt Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf. Dafür wird der Innenhof untertags künftig von 7.30 Uhr bis 17 Uhr für Fußgänger auf dem Weg durch das Kaiviertel offen stehen.
Eine gute Gelegenheit, sich selbst ein Bild vom generalsanierten Chiemseehof zu machen und einen Blick in das Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer zu werfen, haben Interessierte am 5. April bei einem Tag der offenen Tür.
"Morgen, bei unserer ersten Ausschusssitzung im neuen Saal, werden uns noch einige Techniker durch den Tag begleiten", sagt Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf beim Rundgang mit Medienvertretern am Dienstagvormittag. "Vielleicht merkt man mir es an, ich habe wirklich eine Riesenfreude, mit dem, was hier gemacht worden ist", betont sie. Denn, endlich sei der Landtagssaal im 21. Jahrhundert angekommen. Technisch spielt er nun alle Stückerl. Mikrofone sind auf die individuelle Stimme der Abgeordneten eingepegelt und werden von Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf per Touchscreen bedient. Sechs Kameras zeichnen die Livestream-Übertragungen aus, für jeden Abgeordneten sind drei verschiedene Kamerapositionen abgespeichert. Modernste Beamer und die Möglichkeit, Videokonferenzen etwa mit dem Rechnungshof in Wien durchzuführen, sind weitere technische Highlights.
Der denkmalgeschützte Chiemseehof und der Landtagssitzungssaal sind nun mit zwei Liften und automatisch öffnenden Türen barrierefrei zugänglich. Eine Induktionsschleife ermöglicht auch hörbeeinträchtigten Personen volle Teilhabe an Debatten. Das Rednerpult im Landtagssitzungssaal - in dem nun auch die Ausschusssitzungen stattfinden - ist höhenverstellbar und kann so bei Bedarf auch von Rollstuhlfahrern benützt werden. Noch ist nicht alles fertig, die letzten Meter von insgesamt neun Metern Kabel im Sitzungssaal müssen noch verlegt werden.
Rund 320 Fenster im gesamten Chiemseehof verteilte Fenster wurden generalsaniert, mit wärmetechnisch besseren Gläsern ausgestattet und neu abgedichtet. "Im Landtagssitzungssaal haben wir uns aus Energiespargründen gegen eine Klimaanlage entschieden. Wir haben eine Luftgütemessanlage herinnen, und bei Bedarf öffnen sich die Fenster dann automatisch - und wir bekommen frische Luft", schildert Landtagsdirektor Wolfgang Kirchtag.
Auch an das leibliche Wohl der Abgeordneten wurde gedacht: In der neu eingerichteten Profi-Küche wird ein Caterer an den Sitzungstagen warme Mahlzeiten kochen. Renoviert wurden auch sämtliche Büros der Landtagsklubs. Bis Ende Mai sollen auch die letzten Umzugsarbeiten erledigt sein.
Die Generalsanierung war sowohl zeitlich als auch finanziell eine Punktlandung. Die Kosten des zweijährigen Projekts belaufen sich auf 6,9 Millionen Euro.