Ob Landwirt, Jogger oder Spaziergänger: Unter den Anrainern an den Ufern der Mur im Lungau finden sich praktisch keine Befürworter des Kraftwerksprojekts. Der Widerstand gegen die geplante Anlage zwischen Tamsweg und Ramingstein wächst täglich. Und auch der Naturschutzbund sagt ein ganz striktes Nein.
Schmelzwasser hat die Mur nach dem harten Winter wieder zum mächtigen Fluss gemacht. Johann Weilharter steht in Kendlbruck am linken Murufer und blickt auf die große Insel. "Hier ist das Strandbad meiner Jugend", sagt er. Die Bürger der Gemeinde Ramingstein befürchten, dass die Salzburg AG bis zu zwei Drittel des Flusses und zeitweise sogar mehr durch einen acht Kilometer langen Stollen ableiten wird. "Wenn die Mur von allen unseren Ortsteilen entfernt geführt wird, ist das eine Zumutung", sagt Weilharter. Er war schon 1984 und 1993 als Gemeindepolitiker dabei, als das Kraftwerksprojekt abgewendet wurde. "Neu ist an dem uralten Projekt nur, dass es nicht mehr in der Steiermark endet, weil es die Steirer nicht mehr zulassen." Gleich über der Landesgrenze in Predlitz beginnt das Natura-2000-Gebiet. Josef A. Holzer, Sprecher der Plattform Lebensader Mur, fordert auch für den Salzburger Teil einen strengeren Schutz.
Der Salzburger Naturschutzbund unterstützt die Bürgerinitiative. Für Äsche, Bachforelle, Koppe, Fischotter, Wasseramsel, Stockente und die vielen anderen Bewohner ist die Mur ein wertvoller Lebensraum. "Fast noch dramatischere Auswirkungen hätte das Kraftwerk aber auf die Menschen und ihr Naherholungsgebiet", sagt Naturschutzbund-Geschäftsführer Hannes Augustin. "Ihnen würde der Rest eines Flusses vor die Nase gesetzt, und sie hätten keinen Nutzen." Auch Wassersport wie Rafting und Kajak würde unmöglich. Mit dem nachhaltigen Eingriff verlöre der Fluss seine Charakteristik. Das Klärwasser aus der Kläranlage Tamsweg wäre mit seinen Phosphaten und Nitraten und anderen, nicht abzuarbeitenden Stoffen zu konzentriert für die verkleinerte Mur. Es müsste durch den Stollen geleitet werden. Die letzten paar frei fließenden Gewässer auch noch zu verbauen, wäre nicht gerechtfertigt. Viel besser wäre es, Energie effizienter zu erzeugen und beim Verbrauch zu sparen. Naturschützer und Fischer klagen seit Jahren über Schäden durch den Schwallbetrieb der bestehenden Speicherkraftwerke in Hintermuhr und Zederhaus. Ausgleichsbecken wären dringend notwendig.
Diese Verschlechterungen dürften jetzt nicht als Argument dafür verwendet werden, dass eine weitere Verschlechterung durch ein neues Kraftwerk ja nicht so schlimm wäre, sagt Holzer. In Ramingstein und den betroffenen Ortsteilen in Tamsweg ist das Murkraftwerk Gesprächsthema Nummer eins. Die Initiatoren zählen bereits 1400 Unterschriften und sammeln fleißig weiter.
Am Dienstag hat die Plattform eine weitere Sitzung. Und am Mittwoch soll es ein Treffen zwischen Fischern und Projektbetreibern geben.