Dass ein Leben ohne Plastik Spaß machen kann, das wollen Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko zeigen. Die beiden 30-jährigen Jungunternehmerinnen haben "Damn Plastic" gegründet. Im Geschäft in der Münzgasse gibt es nachhaltige, wiederverwendbare oder sich mit der Zeit selbst auflösende Produkte von 62 Start-ups aus Deutschland, Österreich, Großbritannien und anderen Ländern. "Und es kommen laufend weitere dazu - wir sind mit 111 Start-ups in Kontakt", sagt Victoria Neuhofer.
Zu kaufen gibt es etwa kompostierbare Kondome aus Naturkautschuk oder einen biologisch abbaubaren Vibrator. Er besteht aus auf Stärke basierendem Kunststoff und kann in der Biotonne entsorgt werden. Anstelle einer Batterie empfiehlt Victoria Neuhofer, zumindest wiederaufladbare Akkus zu verwenden. "Damn Plastic" ist aber alles andere als ein Sex-Shop für Ökofreaks. Unter den zahlreichen Produkten im Regal - es besteht aus Karton - befinden sich Zahnbürsten aus Wurzelholz, Zahnpasta in Form von festen Tabletten, die es im wiederbefüllbaren Glas gibt, sich auflösende Zahnseide oder plastikfreier Kaugummi.
"Ich liebe zum Beispiel diese Pasta-Halme", erklärt ihre Mitgründerin Stephanie Sinko. "Sie bestehen nur aus Hartweizengries und Wasser. Man kann sie für mehrere Drinks verwenden und am Ende aufessen." Das gilt auch für die Esslöffel aus Kakao- und Kokosfasern oder die Teller aus Weizenkleie, die es bei "Damn Plastic" gibt. "Die kann man sogar bei 780 Watt in die Mikrowelle und bei 180 Grad in den Ofen schieben", berichtet Victoria Neuhofer.
Produkte, die verschwinden, indem sie aufgegessen werden, gefallen ihr am besten. Es genüge nicht, nur auf kompostierbare Produkte zu setzen. "Damit schaffen wir ein neues Problem. Das verrottet nicht, wenn ich es zu Hause auf den Kompost werfe. Es muss professionell über den Biomüll entsorgt werden. Und damit landen auch die bei der Produktion angefallenen CO2-Emissionen auf dem Müll."
Das Credo von Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko ist deshalb die Mehrfachverwendung. "Auch eine vegane Stoffbinde ist sinnlos, wenn ich sie nur ein Mal verwende. Ein Papiersackerl wird erst dann nachhaltiger als Plastik, wenn man es 25 Mal verwendet hat", erklärt Victoria Neuhofer. Und es sei immer noch besser, aus nutzlos gewordenem Kunststoff Neues zu produzieren, als ihn zu entsorgen. So wie das das britische Label "Oceanbottle" macht. Aus 1000 im Meer gesammelten PET-Flaschen entsteht eine neue Thermoskanne - die innen mit Aluminium ausgekleidet ist. Oder die alten Zementsäcke, aus denen in Kambodscha Kleidersäcke, Handyhüllen, Rucksäcke und Taschen entstehen. "Refished" heißt das Label, das es jetzt auch in der Münzgasse gibt. Unterstützt werden Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko vom erst vor einem halben Jahr in Wien gegründeten Label Orenda Eco - dessen Trinkhalme aus echtem Stroh gibt es ebenfalls bei "Damn Plastic".
Das Geschäft in der Münzgasse ist nur ein Teil des Businessmodells von "Damn Plastic". Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko kennen sich vom Studium und haben noch mehr vor. Nach dem Bachelor in Internationaler Betriebswirtschaft an der WU Wien haben die beiden in Liverpool ihren Master in International Management mit Schwerpunkt Entrepreneurship und Innovation gemacht.
Die beiden Jungunternehmerinnen wollen auch im B2B-Bereich aktiv sein und Veranstalter von Märkten und Festivals beim Umstieg auf plastikfreie und nachhaltige Events unterstützen. "Durch unsere Kontakte zu so vielen unterschiedlichen Produzenten können wir individuelle Pakete anbieten, die ganz auf die Bedürfnisse des Veranstalters abgestimmt sind", erklärt Victoria Neuhofer. Erste Gespräche stehen schon an. Stephanie Sinko: "Wir wollen nicht, dass weniger gefeiert wird, wir wollen, dass danach weniger Müll bleibt, den dann keiner mehr trennt. Deshalb haben wir ja auch wochenlang recherchiert, um möglichst viele Alternativen zu Plastik oder beschichtetem Papier zu finden."