Die "Salzburger Nachrichten" schwelgten mit Rudi Quehenberger in Fußballerinnerungen. Der 77-Jährige sieht in der jetzigen Red-Bull-Erfolgsserie durchaus Parallelen zur "Boygroup" von Austria Salzburg in den 90er-Jahren.
Alle 25 Jahre scheint es im Salzburger Fußball große Glücksgefühle zu geben. Welche Emotionen kommen bei Ihnen heute persönlich auf? Rudi Quehenberger: Ich zittere und fiebere bei jedem Match genauso mit wie vor 25 Jahren. Wir haben seinerzeit Geschichte geschrieben, dass wir als erste österreichische Mannschaft zwei deutsche Clubs eliminiert haben und auch jetzt können wir wieder für gewaltige Furore sorgen.
Sehen Sie Parallelen zwischen der Erfolgsmannschaft damals und heute? Die Spieler von Red Bull Salzburg haben ähnliche Tugenden wie die "Boygroup" in den 90er-Jahren. Obwohl sie bunt zusammengewürfelt sind, haben sie so viel Spirit, und die strahlen für die Menschen das aus, was unsere Salzburger damals ausgestrahlt haben. Besonders beeindruckt mich auch die Entschlossenheit: Haben Sie gesehen, wie die im Cup-Halbfinale gegen Mattersburg zu den Elfern gegangen sind? Das war Wille und Nervenstärke.
Kann diese internationale Euphorie einmal auch auf die heimische Liga übertragen werden? Ich kann es nur hoffen. Diese Mannschaft lebt und stirbt derzeit für den Club und hat sich mehr Zuschauer in der Meisterschaft verdient. Natürlich ist das Publikum durch die internationalen Auftritte verwöhnt.
Was kann der Verein selbst tun, um mehr Zuschauer anzulocken? Sie versuchen alles. Sie machen ein hervorragendes Marketing. Und - was für mich wichtig ist: Die Salzburger Wurzeln sind in diesem Club unüberschaubar: Harald Lürzer als Präsident, Christoph Freund als Sportdirektor und Stephan Reiter als Geschäftsführer, es kommt wieder ein sehr starker Salzburg-Bezug.
Freut Sie es, dass Sie als Urvater der heutigen Erfolge bezeichnet werden? (Lacht) Urvater ist vielleicht das falsche Wort, aber ich bin mit Sicherheit einer derjenigen, der es geschafft hat, Red Bull einen Club zu übergeben, den man weiterentwickeln kann. Ich bin übrigens auch Vater des Stadions.
Viele Fans werfen Red Bull Salzburg vor, dass beim Verein das Herz und die Emotion fehlt. Wie sehen Sie das? Was mich persönlich stört, ist, dass die Vergangenheit dieses Clubs totgeschwiegen wird. Ja, Red Bull hat Austria Salzburg vor 13 Jahren übernommen, aber ja, die Vereinsgründung war im Jahr 1933. Das wird oft verschwiegen. In dieser Diskussion hat Red Bull vermutlich einen Fehler gemacht, weil sie die Vergangenheit weggeworfen und als Gründungsjahr 2005 geschrieben hat - das hat die Fußballfans verärgert. Das hat auch die Diskussionen um die Meistersterne angeheizt. Das ist ein Fehler, wenn ich die Fans halten möchte.
Hätten Sie da nicht mehr Einfluss auf den Club ausüben können? Nein. Das steht mir nicht zu. Ich bin glücklicher Ehrenpräsident. Mein Herz schlägt jetzt für Red Bull Salzburg. Der Verein ist heute auch erfolgreich, weil ich ihn lange geführt habe. Sonst gäbe es ihn gar nicht.
Hätte Austria Salzburg ohne eine Übernahme von Red Bull überhaupt finanziell überleben können? Natürlich. Der Club hätte tausendprozentig weiter bestanden. Ich war aber froh, dass Salzburg einen Mäzen bekommt, der den Club in noch höhere Sphären führt.
Bei den Diskussionen sind so viele Emotionen, teils sogar Hass im Spiel. Was sagen Sie dazu? Ich habe das Gefühl, dass das alles besser geworden ist. Mit den drei Salzburger Leuten an den entscheidenden Hebeln wird das besser.
Jetzt steht Salzburg im Halbfinale der Europa League und trifft auf Olympique Marseille. Wie weit kann es noch gehen? Vor einigen Wochen haben Sie einmal in einer launigen Stimmung gemeint: Wir gewinnen die Europa League! Wenn sie so viel Glück haben, wir wir damals mit Austria Salzburg zum Beispiel gegen Karlsruhe, dann geht viel. Ohne Glück geht nichts. Wenn alles passt, kann Salzburg sogar die Europa League gewinnen.
Was würden Sie sich für den Spitzenfußball in Salzburg wünschen? Ich würde mir wünschen, dass mehr Zuschauer kommen. Dass sie die Mannschaft mit Besuchen belohnen.
Ist die Kulturstadt Salzburg ein schwieriger Platz für den Sport? Salzburg ist eine reine Kulturstadt. Aber der Sport ist ein Teil der Kultur. Beim Finale damals in Mailand habe ich die Verantwortlichen der Salzburger Festspiele einmal gefragt, ob sie sich gemeinsam mit uns vor Ort zeigen wollen. Das haben sie damals abgelehnt. Heute ist Intendant Markus Hinterhäuser ein großer Fußballfan. Sport und Kultur verbindet eigentlich alle Menschen dieser Welt.

