Unerbittlich lief die Uhr als letzter Gegner für Anna Hall. Die US-Amerikanerin hätte beim Siebenkampf in Götzis am Sonntag eine 800-m-Zeit von 2:02,20 Minuten laufen müssen, um als erst fünfte Athletin der Geschichte die magische 7000-Punkte-Marke zu überbieten. 2:02,97 waren es am Ende und 6988 Punkte. Sie ist damit die fünftbeste Siebenkämpferin der Geschichte. 14.000 Zuschauer im Mösle-Stadion klatschten und jubelten dennoch ob dieser herausragenden Leistung.
Dass die nächst historische Sternstunde in Götzis knapp nicht gelang, lag letztlich nur am Speerwurf, in dem Hall mit 43,08 Metern etwas unter ihren Möglichkeiten blieb. Sonst aber legte die 22-Jährige Bestleistungen in Serie hin und durfte nach der zweitbesten Punktezahl der Geschichte nach dem ersten Tag hoffen. Im Weitsprung ging es mit 6,54 Metern gleich gut los, es war im fünften Bewerb die vierte persönliche Bestleistung von Hall. Nach dem Speerwurf kam dann der 800-Meter-Lauf, in dem Hall von Anfang an vorne wegzog. Das ganze Stadion stand auf und versuchte, Hall zu der fast unmöglichen Zeit zu treiben. Die 2:02,97 waren immerhin erneut eine persönliche Bestzeit. "Ich bin wirklich so glücklich über diese Leistung", sagte Hall. "Das Publikum hat mich ins Ziel getragen. Ich habe alles gegeben. Götzis war ein Traum, die Energie hier ist enorm. Ich hoffe, ich kann nächstes Jahr wiederkommen. Ich bin erst 22, ich habe noch Zeit, die 7000 einmal zu überbieten." In der Nacht zwischen den beiden Wettkampftagen habe sie gut geschlafen, nachdem sie die zweitbeste Halbzeit-Punktemarke der Geschichte erzielt hatte: "Ich war so müde, dass ich gleich geschlafen habe. Aber um 6 Uhr früh war ich dann schon wach, weil ich so aufgeregt war."
Lagger gab enttäuscht auf
Aus dem Österreicherinnen-Dreikampf verabschiedete sich Sarah Lagger nach einem sehr durchwachsenen Wochenende frühzeitig. Sie ließ den abschließenden 800-Meter-Lauf aus. "Es ist mir schwergefallen, aber nach 5,70 Metern im Weitsprung war eine gute Punktzahl schon ausgeschlossen", sagte die Kärntnerin. Daher habe sie zusammen mit Trainerin Victoria Schreibeis beschlossen, auszusteigen. Sie will nun vermehrt Einzelwettkämpfe bestreiten und Ende Juli den nächsten Siebenkampf bestreiten. Lagger benötigt noch ein gutes Resultat, um die WM-Qualifikation für Budapest im August zu schaffen.
Fans trieben Vorarlbergerinnen an
Viel besser lief es für die beiden Vorarlbergerinnen im Siebenkampf. Sowohl Chiara Schuler als auch Isabel Posch schlossen Götzis mit persönlichen Bestleistungen ab. Zunächst setzte Isabel Posch im Weitsprung ihr starkes Götzis-Debüt fort. Als Weitsprungdritte mit 6,43 Metern schob sie sich in der Gesamtwertung vor Chiara Schuler (6,06 m). Im Speerwurf zeigte Chiara Schuler als Dritte (46,94 Meter) groß auf, Isabel Posch kam auf 42,25 Meter. Über 800 Meter unterbot Posch, angetrieben von den Fans, dann die geforderte Zeit für die 6000er-Marke in 2:18,50 knapp - 6021 Punkte bedeuten Platz 15, während Schuler in 2:25,12 und Gesamt als 19. (5916 Punkte) abschloss. Posch bilanzierte überglücklich: "Es ist unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass es so gut läuft. Die Stimmung war Bombe." Schuler ergänzte: "Es war ein richtig cooler Siebenkampf, mit einer Bestleistung hätte ich vorher nicht gerechnet. Die 6000 habe ich leider beim Speerwurf vergeben."
Lepage löste Seriensieger Warner ab
Im Zehnkampf der Männer musste Damian Warner am Sonntag seine Hoffnungen auf den achten Sieg in Götzis begraben. Der Olympiasieger von Tokio war schon am ersten Tag durch eine Hüftverletzung beeinträchtigt, ging aber als Halbzeitführender in die zweite Hälfte. Obwohl er im 100-m-Hürdenlauf Schnellster in 13,60 Sek. war, sollte es der große Tag seines Landsmanns Pierce LePage werden, der ab dem Diskuswurf die Führung innehatte. Der Vizeweltmeister von 2022 war auch im Stabhochsprung mit 5,00 Meter (Platz drei) und mit dem Speer (63,09 m) vorne dabei und fixierte schließlich mit 8700 Punkten seinen ersten Götzis-Sieg. Warner kämpfte tapfer bis zum Schluss und wurde mit 8619 Zählern Zweiter. "Damian hat mich gepusht, er ist immer noch der König von Götzis", sagte LePage, der seine persönliche Bestleistung um einen Punkt verpasste.