"Das ÖOC muss aufgrund der derzeit herrschenden politischen Diskussionen mit großem Bedauern feststellen, dass ein klares politisches Bekenntnis bzw. eine entsprechende Unterstützung durch die steirische Landesregierung - vom ÖOC von Beginn an als obligatorisch erachtet - bis heute nicht erfolgt ist. Unter diesen Umständen ist ein Projekt dieser Dimension nicht umsetz- und international kaum vertretbar", hieß es in einer ÖOC-Pressemitteilung.
Man habe das Internationale Olympische Komitee (IOC) bereits über das Ende der Bewerbungsbemühungen informiert, damit keine weiteren Kosten entstehen würden. "Das ÖOC verabschiedet sich schweren Herzens von der Idee der Olympia-Bewerbung Graz 2026", hieß es weiters.
Die ÖOC-Spitze zeigte sich enttäuscht, dass nach dem im vergangenen Herbst gescheiterten Bemühen mit Innsbruck erneut keine Kandidatur zustande kommt. "Wir bedauern, unseren Top-Athleten und den Wintersportfans diese einmalige Chance, Olympische Heim-Spiele, in naher Zukunft nicht ermöglichen zu können", sagte ÖOC-Präsident Karl Stoss.
Nach der negativ ausgegangenen Volksbefragung in Tirol hatte sich das ÖOC im März gemeinsam mit den Städten Graz und Schladming entschlossen, einen weiteren Anlauf zu nehmen. Bereits von Beginn an gab es in Graz Widerstand von der Opposition und die Forderung nach einer Volksbefragung. Die Landesregierung gab in dieser Woche nach der Präsentation einer Machbarkeitsstudie an, dass das Budget keinen Spielraum für das Großereignis zulasse und man keine Haftungen übernehmen werde. Daraufhin zog das ÖOC am Freitag die Notbremse. Kurz davor hatte das Land noch eine Volksbefragung für den 23. September angesetzt.
Das ÖOC glaubt weiterhin, "dass mit der Machbarkeitsstudie und den bereits geleisteten Organisationsarbeiten eine mögliche Basis für zukünftige Bewerbungsverhandlungen geschaffen wurde". Man sei sich sicher, dass Österreich als Wintersportnation "nachhaltige Winterspiele zu organisieren vermag".
Zuletzt und insgesamt zweiten Mal fanden die Winterspiele in Österreich 1976 in Innsbruck statt. Salzburg scheiterte im Bemühen um die Spiele 2010 und 2014, die an Vancouver bzw. Sotschi gingen. Graz hatte es für 2002 nicht in den Kreis der Kandidatenstädte geschafft.
Für 2026 sind noch Italien mit Turin, Mailand oder Cortina, Schweden mit Stockholm, die Türkei mit Erzurum, Kanada mit Calgary und Japan mit Sapporo im Rennen. Die Schweiz mit Sion hatte unlängst nach einer negativen Volksbefragung aufgegeben. Die Verlautbarung der Kandidatenstädte erfolgt im heurigen Oktober, die Vergabe im Herbst 2019.
Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hat am Freitag nach dem Aus für die Olympia-Bewerbung enttäuscht und mit Vorwürfen reagiert: "Die größte Chance ist dahin. Graz, Schladming und die Wintersportgemeinden wurden im Stich gelassen." Er nehme die Entscheidung des ÖOC "bedauernd zur Kenntnis". Die steirischen Grünen sind hingegen erfreut: "ÖOC stoppt Nagls Luftschloss."
Nagl entgegnete: "Als Wintersportland hätten wir eine - in dieser Dimension - nie mehr wiederkehrende Chance gehabt, die größte Wintersportveranstaltung der Welt nach Graz und in die Gemeinden zu bringen, die bereit waren nach vorne zu schauen. Die Machbarkeitsstudie der renommiertesten Wissenschaftseinrichtungen hat eine eindeutige Aussage ergeben. Olympische Winterspiele, nach der Agenda 2020 des IOC sind kein finanzielles Risiko. Diese Studie ist wider besseren Wissens aus politischen Gründen angezweifelt und von einigen gar nicht gelesen worden."
Dafür würden "täglich Unwahrheiten öffentlich kolportiert". "Die Achse der perspektivenlosen 'Neinsager' von KPÖ, Grünen bis zur Landes-SPÖ haben sich leider durchgesetzt", so Nagl. Es blieben viele Fragen: "Wird nun die Langlaufstrecke in der Ramsau nicht saniert und verzichtet man zukünftig auf Weltcuprennen? Werden A2 und A9, oder auch die Murtalschnellstraße nicht saniert. Wird der Bau des Koralmtunnels eingestellt. Was erspart man sich jetzt, da man die Olympischen Spiele nicht wollte?"
"Nach 50 Jahren hätte unser Österreich wieder die Gelegenheit gehabt, der ganzen Welt zu zeigen, was die Österreicherinnen und Österreicher können. Wir hätten damit der nächsten Generation, in dieser zerstrittenen Welt, Mut machen können. Es ist sehr schade für unsere Sportlerinnen und Sportler. Es ist eine leichtfertig vergebene Chance und es wird sich als Pyrrhussieg für die Gegner herausstellen", kritisierte das Grazer Stadtoberhaupt.
Erfreut reagierten die Grünen auf die ÖOC-Entscheidung: "Das finanzielle Himmelfahrtskommando von Nagl wurde rechtzeitig gestoppt, dem Bau des teuren Kartenhauses wurde Einhalt geboten", sagte der Grüne Klubobmann Lambert Schönleitner.
Für Sportminister Heinz-Christian Strache war der Kandidatur-Rückzug nicht absehbar. "Die Meldung kam für mich etwas überraschend, da ich in Spielberg einen anderen Eindruck gewonnen habe", sagte der Vizekanzler. Er akzeptiere natürlich die Entscheidung des ÖOC, und werde noch mit Präsident Karl Stoss über den Entschluss sprechen. "Es ist jedoch schade für den Sport und das Land Steiermark, aber ich habe immer gesagt, dass in erster Linie das Land und das ÖOC hinter der Bewerbung stehen müssen, welche ich unterstützt hätte. Ich hatte auch die Überzeugung, dass eine landesweite Volksabstimmung der richtige Weg ist und eine sehr gute Chance gehabt hätte, gemeinsam mit der steirischen Bevölkerung eine positive und verbindliche Entscheidung für die Olympischen Winterspiele in Schladming sicherzustellen", verlautete Strache.