Als diesen Montag ein sportlich schlanker Herr Anfang 50 in den Hangar-7 marschierte, nahm zunächst niemand von ihm Notiz. Erst als die Empfangsdame den ServusTV-Verantwortlichen zuflüsterte: "Der Herr Schlager wäre jetzt da...", kam das Aha-Erlebnis.
Werner Schlager nimmt es locker, dass er hierzulande fast unerkannt bleibt. Dabei hat der Niederösterreicher vor genau 20 Jahren im Tischtennis eine Sensation von historischer Dimension geschafft. Er war Weltmeister im Einzel, bis heute der Letzte, der nicht aus China kommt. Trotzdem wird er gerne vergessen, wenn die Allzeithelden des österreichischen Sports, von Niki Lauda bis Thomas Muster, aufgezählt werden. "Das ist eine Art Lebensqualität", erklärte er in "Sport und Talk im Hangar-7": "Mir war es recht, dass Tischtennis in Österreich nicht so bekannt ist. Im Ausland bin ich der Hero und zu Hause kann ich mich auf meine Familie konzentrieren." In China, wo er 2003 zum bekanntesten Ausländer gekürt wurde, habe man ihm den roten Teppich ausgerollt und ihn mit Polizei-Eskorte begleitet, schilderte der heute 50-Jährige.
Der WM-Titel vom 25. Mai 2003 in Paris hatte alle Zutaten einer Heldenstory. Im Viertelfinale wehrte Schlager gegen den chinesischen Titelverteidiger Wang Liqin fünf Matchbälle ab. Das Halbfinale gegen Olympiasieger Kong Linghui ging mit 14:12 im siebten Satz an ihn. Im Finale entschied er eine Taktikschlacht gegen Joo Se-hyuk mit 4:2 für sich. Schwelgt er bei den TV-Bildern in Erinnerungen? "Es sind viele Emotionen damit verbunden. Es ist so dramatisch, dass ich es mir fast nicht anschauen kann", sagt Schlager.
"100 Millionen Chinesen spielen Tischtennis und ich darf mich Weltmeister schimpfen", staunte er selbst über sich. Um das rot-weiß-rote Wunder fortzusetzen, gründete er die Werner Schlager Academy in Schwechat. Doch daheim wurde dem Propheten kein roter Teppich ausgerollt. Er landete auf der Anklagebank (und wurde freigesprochen), weil sein Name helfen sollte, Geld für ein überdimensioniertes Veranstaltungszentrum zu lukrieren. Die Akademie schlitterte 2016 in die Insolvenz.
Mit der Entwicklung im Tischtennis ist der Ex-Weltmeister nicht glücklich. Durch größere Bälle und veränderte Zählweise sei der Sport zu einförmig, "zu fad" geworden, klagt er. Und so ist er gar nicht unglücklich, dass seine beiden Kinder keine Ambitionen für Spitzensport zeigen. Falls sie doch Lust auf ein paar Ballwechsel haben, greift er nicht selbst zum Schläger, sondern schickt sie in den Keller: Dort steht ein Tischtennisroboter.