Venedigermandl

Aus SALZBURGWIKI
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Das Venedigermandl ist eine Sagenfigur, die in den Alpen in Erscheinung getreten war.

Über das oder die Venedigermandl

Das Venedigermandl war ein kleiner, kaum handgroßer Bergkobold, der immer dort auftaucht, wo sich im Berg Erzadern verbergen oder Schätze verborgen liegen. Wenn Wurzelgraber mit ihren Spaten in die Erde stießen, hörten sie nicht selten ein klägliches Wimmern: Dann hatten sie versehentlich einen Venediger verletzt, der eine Erzader oder gar verborgene Edelsteine hütete.

Das Venedigermandl und der Binder Seppl

So kam es, dass einst der Binder Seppl am steilen Abhang unterhalb des Schlapperebenkees nach Wurzeln grub. Plötzlich erblickte er ein kleines, graues Männlein. "Ha!", dachte Seppl, "Jetzt habe ich also wirklich einen Venediger gefangen!". Kurzerhand nahm er das Männlein auf den Arm und streichelte es. Der Venediger ließ sich das gern gefallen; die warme, raue Bauernhand tat ihm sichtlich wohl. Das Männlein stellte Seppl viele Fragen und wollte alles über sein Vieh, sein Heim, seine "Geitlinge"[1] und den neuen Hausstand wissen. Auch das bunte Treiben der Leute unten im Dorf war von Interesse. Während sie so angeregt plauderten, wurde der kleine Kobold immer zutraulicher. Da nutzte Seppl die Gelegenheit, selbst nach den besten Wurzeln, den "Goldäpfeln" und dem Enzian zu fragen. Freundlich gab der Venediger wertvolle Hinweise preis. Doch als Seppl wissen wollte, wo im Gebirge Gold- und Silbererze zu finden seien, fuhr der kleine Wicht plötzlich auf, stieß Seppl vor die Brust, sprang vom Arm und verschwand blitzschnell im Wind.

Wie von unsichtbarer Hand geschleudert, flogen einige große Felsbrocken auf den Binder Seppl zu, und nur mit knapper Not konnte er der aufbrausenden Wut des Kobolds entkommen.[2]

Der Venediger Luftfahrt

Diese Sage bezieht sich auf eine an Krimml angrenzendes Nordtiroler Gebiet.

Oberhalb von Gerlos, dort, wo das Zillertal an das Salzburger Land grenzt, erstreckt sich das Krummbachtal mit der "wilden Krimml" und einer großen Schafalpe. Auf dieser Alm liegen drei Seen,[3] von denen man sagt, sie seien voller versteckter Schätze. Unterhalb dieser Seen tobt ein imposanter Wasserfall hinab ins Tal. In der gesamten Umgebung kann man, einige Stunden bevor ein Unwetter aufzieht, ein mächtiges Brausen der Seen hören – ein sicheres Zeichen für ein herannahendes Gewitter.

Einst gehörte diese Schafalpe einem Bauern, der gelegentlich Handschuhe und andere Waren in ferne Länder brachte, um sie zu verkaufen. Auf einer seiner Reisen verschlug es ihn nach Venedig, wo er zwei Venediger[mandl] traf. Diese hatten vom sagenhaften Reichtum der Seen gehört und baten den Bauern, ihnen mehr darüber zu erzählen.

"Die Seen sind ganz in der Nähe!", versicherte der Bauer. Die beiden Venediger holten daraufhin ein dreieckiges, schwarzes Tuch hervor. Jeder griff nach einer Ecke, auch der Bauer musste eine festhalten. Plötzlich erhoben sie sich gemeinsam in die Lüfte und schwebten rasch zu den geheimnisvollen Seen. Dort schlugen die Venediger mit ihren Stäbchen in Kreuzform aufs Wasser, das sich augenblicklich öffnete und ihnen einen Weg zum Seegrund freigab. Unten angekommen, fanden sie Gold und blaue Lasur in Hülle und Fülle und nahmen mit, was sie tragen konnten. Auch der Bauer bekam seinen Anteil, musste aber die Tiefe wieder verlassen, sobald die Venediger sich auf den Heimweg nach Venedig machten.

Als später Franzosen und Bayern ins Land einfielen, versteckte der Bauer seinen Schatz unter dem Wasserfall. Doch bevor er ihn wieder bergen konnte, erkrankte er schwer. Er rief seinen Knecht zu sich und erklärte ihm genau, wo das Geld verborgen lag. Der Knecht machte sich auf den Weg, doch als er die Stelle erreichte, starrte ihn ein großer, schwarzer Hund mit fletschenden Zähnen an. Voller Schrecken kehrte er um, um seinem Herrn davon zu berichten – doch der Bauer war inzwischen verstorben.

Seit jener Zeit hat sich niemand mehr getraut, nach dem Schatz unter dem Wasserfall zu suchen. So ruht er noch immer unberührt an seinem geheimen Platz.<ref>Freisauff von Neudegg: "Salzburger Volkssagen", Bd. 2, Wien/Pest/Leipzig 1880, S. 414 f, zit. nach Leander Petzold, Sagen aus Salzburg, München 1993, S. 210. in www.sagen.at

Quellen

  1. Die Bezeichnung "Geitling" ist für eine jüngere Kuh, welche aber kein Kalb mehr ist. In www.meinbezirk.at, 6. September 2016
  2. Adrian, Karl: "Alte Sagen aus dem Salzburger Land", Wien, Zell am See, St. Gallen, 1948, S. 81–82 in www.sagen.at
  3. Maurer-, Scheiben- und Langer See